Schwerkranker Dominator teilt vor Abschied gegen Deutsche aus
Seine große Karriere wird vor den Olympischen Spielen unfreiwillig enden: Der Nordische Kombinierer Jarl Magnus Riiber muss seiner chronischen Krankheit Tribut zollen. Bei der Weltmeisterschaft trumpft er aber nochmal auf - mit sportlichen Bestleistungen und harschen Worten.
Eiskalter Dominator, notorischer Hitzkopf und zwischendurch Mister Kuschelweich: Im Schlusskapitel seiner großen Sportgeschichte tritt Jarl Magnus Riiber in allen Facetten seines Wesens auf. Bei der WM in Trondheim knöpfte sich Norwegens Kombinations-Superstar nach zwei Goldmedaillen und vor dem Griff nach zwei weiteren die deutschen Erzrivalen öffentlich vor - um sich dann mit glänzenden Augen auf die ersehnte Ankunft seiner Familie zu freuen.
"Ich hätte die ersten Siege hier gerne mit ihnen geteilt. Aber für zwei kleine Kinder ist das eine zu lange Zeit weg von daheim", sagt Riiber. Für das WM-Finale am Donnerstag im Team und am Samstag im Großschanzen-Einzel reisen Lebensgefährtin Sunna Magret und die Kinder Ronja und Birk - ja, wie die Geschwister aus dem Astrid-Lindgren-Klassiker "Ronja Räubertochter" - aber aus Oslo an: "Hoffentlich kann ich ihnen dann noch etwas bieten."
Teuflische Darmerkrankung erzwingt Karriereende
Geboten hat Riiber in Trondheim einiges: Mixed-Gold, Normalschanzen-Gold, sechs WM-Rennen in Folge hat der Rekordweltmeister (zehn Titel) nun gewonnen, 13 Medaillen in Serie geholt. "Keine Frage: Er ist der beste aller Zeiten", sagt sein deutscher Kontrahent Vinzenz Geiger. Riiber könnte ein strahlender Held sein. Doch über ihm liegt ein dunkler Schatten.
Denn Riiber wird zum Saisonende seine Karriere beenden, mit 27 Jahren. Gesundheitliche Probleme plagen ihn, als Ursache wurde unlängst Morbus Crohn diagnostiziert, eine chronische, teuflische Darmerkrankung, "die mich ein Leben lang begleiten wird".
Mit einem letzten Kraftakt quälte er sich zur Heim-WM. "Ich habe viel geopfert, mehr, als ich es hätte machen sollen", sagt er. Leiden musste darunter seine Familie, auch deshalb macht Riiber, der nie Olympia-Gold gewann, nicht bis zu den Winterspielen in elf Monaten weiter.
Riiber und die deutschen Konkurrenten
Im deutschen Lager wird man es erleichtert hinnehmen - Riiber ist zur Nemesis der DSV-Asse geworden, hat fast im Alleingang die Ära der "Dominierer" beendet. Schon als 17-Jähriger war er beim Weltcup in Lahti böse mit Johannes Rydzek aneinandergerasselt, nach einem gemeinsamen Sturz brüllte der Weltmeister auf den schluchzenden Teenager ein - und schenkte ihm danach tröstend seinen WM-Anzug von Falun.
Riiber rächte sich dutzendfach, brach Siegrekorde in Serie. Was wiederum auf deutscher Seite für Misstrauen sorgte - vor allem im Hinblick auf sagenhafte Sprungleistungen. "Was Riber mit seinem Anzug macht, ist aufs kleinste Detail ausgereizt. In den letzten Jahren war sein Anzug zum Teil definitiv drüber", sagte Olympiasieger Geiger in seinem Podcast: "Man kann sich einfach nicht vorstellen, wie man damit durch eine Kontrolle kommen kann."
Im Gegenzug schoss Riiber nun vehement zurück, als die deutsche Mannschaft nach Norwegens Doppelsieg im Einzel vergeblich aus nach Meinung Riibers und der Jury nichtigem Grund Protest einlegte. "Widerlich" sei das Benehmen der Deutschen, ihm werde "übel".
Die Rivalität kann Riiber nun auf der Strecke austragen, so ist es ihm am liebsten. Und dies wird ihm am meisten fehlen. Und was kommt dann ab Ende März? "Quality-Time" mit der Familie, klar. Und es zieht ihn ins Trainergeschäft. "Am liebsten für Norwegens Verband, aber ich habe auch mit anderen Nationen gesprochen", sagt Riiber. So ganz werden ihn die Deutschen wohl nicht los.