Manchester City kann nicht mehr
Mit dem Kampf um den Titel in der Premier League hat Manchester City schon seit Monaten nichts mehr zu tun. Aber wie weit entfernt die Mannschaft derzeit von den Topteams erfährt ist, erlebt City gegen Liverpool. Pep Guardiola ist trotzdem begeistert.
Der außergewöhnliche Niedergang von Manchester City setzt sich ungebremst fort. Gegen den FC Liverpool gibt es am Sonntagabend eine 0:2-Niederlage. Das klingt im Ergebnis gar nicht so fürchterlich, aber diese Mannschaft ist gegen die derzeit Besten der Welt einfach gnadenlos chancenlos. Eines der gefürchtetsten und erfolgreichsten Teams des vergangenen Jahrzehnts ist nur noch ein sattes, altes Raubtier. Träge in der Sonne liegend, nicht mehr in der Lage, große Beutezug zu unternehmen.
Diesem Team droht eine Saison mit dem finalen Super-Gau. Womöglich wird in Manchester kein internationaler Fußball zu sehen sein. Nicht bei City, nicht beim anderen kollabierenden Riesen United. Unvorstellbar bei Stars wie Erling Haaland oder Rodri, dessen schwere Verletzung City komplett aus der Bahn warf.
Diese Mannschaft ist endgültig am Ende. Das ist unübersehbar. Der große Kevin de Bruyne kämpft gegen seinen Körper und das Älterwerden. Er kann diesen Kampf nicht gewinnen. Der Belgier ist längst nicht der einzige im Kader, der nach dem Sommer keine oder keine große Rolle mehr bei City spielen wird. İlkay Gündoğan gehört dazu, vermutlich auch Ederson, Bernardo Silva oder Jack Grealish. Es wird einen großen, einen teuren Umbruch geben. Ein gnadenloses Aussortieren. Betreut werden soll der Umbruch von Pep Guardiola. Der Startrainer hatte inmitten der Krise während der Hinrunde seinen Vertrag verlängert und sich angeboten, die "Skyblues" wieder zu alter Größe aufzurichten. Dabei halten viele Experten eine Trennung für die bessere Idee.
Beim FC Barcelona und beim FC Bayern besaß er ein gutes Gespür für den Abgang. Nach je drei Jahren ging er freiwillig und kündigte das frühzeitig an. Er war erschöpft, die Mannschaften auch. Allerdings ging es nach der Zeit in München schnell nach Manchester. Dort bauten sie ihm sein altes Barça mit unbegrenzten finanziellen Möglichkeiten nach. Und dort soll nun alles anders sein? Guardiola sieht das nicht so.
Irgendwann ist alles vorbei
Aber kann er das? Der Mann, der Tiki-Taka erfunden hat, der als bester Trainer der Welt galt, wirkt seit Wochen ratlos. Was immer er sich einfallen lässt, es entfaltet keine Kraft mehr. Sind seine Ideen nicht mehr zeitgemäß? Erreicht Guardiola seine Spieler nicht mehr? Die Kollegen vom "Guardian" veranlasste das zu der steilen Theorie, dass die Spieler sich nur noch über den Katalanen ärgern, darüber, dass er ihnen noch länger erhalten bleibt? Ein gutes Licht würde ein solches Szenario nicht auf den Kader werfen. Aber es ist wie überall: Alles hat seine Zeit: Jürgen Klopp beim FC Liverpool, Sir Alex Ferguson bei Manchester United. Irgendwann ist es vorbei. Guardiola ist seit 2016 Trainer bei City, im vergangenen November verlängerte er seinen Vertrag bis Ende Juni 2027. Der 54-Jährige gewann mit dem Klub unter anderem sechsmal die Meisterschaft und 2023 die Champions League.
Für Guardiola soll der Zeitpunkt des Abgangs noch nicht jetzt gekommen sein, noch nicht im Sommer. Er hat Fieberträume von einer neuen Mannschaft, der sich Europa unterwirft. Bayer Leverkusens Florian Wirtz könnte in diesem Team eine Schlüsselrolle einnehmen. Der Trainer soll ganz beseelt sein von der Idee, den kleinen Spielmacher in der neuen Saison unter seinen Fittichen zu haben. Aber dafür muss erstmal kurzfristiger Erfolg her. Die Kraft von City definiert sich auch über den Europapokal, über die Champions League. Große Stars werden vorerst abwinken, wenn ihnen die größte Bühne versagt bleibt. Aber wo soll dieser Erfolg herkommen?
Unter der Woche wurden Manchester von Real Madrid gedemütigt. Wann war eine City-Mannschaft zuletzt so apathisch gewesen? Sie wurde von Tormonster Kylian Mbappé einfach aufgefressen. Und an diesem Sonntag machte Liverpool einfach alles richtig. Der seit Monaten in überragender Form aufspielende Mohamed Salah brachte die Reds in der 14. Minute nach Zuspiel von Dominik Szoboszlai mit einem abgefälschten Schuss in Führung. In der 37. Minute erhöhte Szoboszlai dann selbst, Salah gab dieses Mal den erfolgreichen Zuarbeiter.
Liverpool-Slot gelingt historisches
City rannte bemüht dagegen an, hatte reichlich Ballbesitz (64:36 Prozent), wurde aber zweimal eiskalt erwischt und konnte selbst kaum Gefährliches entfalten, trotz offiziell 16 Torschüssen. Nachdem Curtis Jones' Treffer zum 3:0 nach 56 Minuten wegen Abseits vom VAR einkassiert wurde, riss sich City nochmal zusammen. Beinahe im Gegenzug forderte der ehemalige Frankfurter Omar Marmoush, ein hungriger Hoffnungsträger, mit seinem Schuss den Liverpooler Torwart Alisson zu einer starken Parade. Reds-Coach Arne Slot gelang mit diesem Sieg historisches. Als erster Trainer-Neuling seit 1974/75 konnte er den amtierenden Meister zweimal besiegen.
Amtierender Meister, das klingt bei Manchester City in diesen Wochen reichlich komisch. Meisterlich ist einfach gar nichts. Und Trainer Pep Guardiola bleibt sich seiner ihm eigenen Seltsamkeit treu. "Wenn man verliert, muss man so verlieren, wie wir heute verloren haben. "Wir haben wirklich gut gespielt, ich bereue nichts. Wir haben mit Persönlichkeit gespielt", sagte er. Er habe gegen Liverpool viele Dinge gesehen, "die zeigen, dass der Verein mit diesen Spielern eine große Zukunft hat". Allerdings werde sich einiges verändern, verändern müssen. "Was auch immer der Klub entscheidet, es gibt eine glänzende Zukunft für diesen Verein in den nächsten Jahren. Das ist eine Frage der Zeit."
Derzeit spielt die Zeit aber gegen City. Noch steht die Mannschaft auf Platz vier, wäre damit direkt qualifiziert für die Champions League. Aber bis zu Platz neun, bis zum beginnenden Nirwana, sind es gerade einmal vier Punkte. Brighton & Hove Albion lauert am Tor zum Untergang, bereit, City hineinzustoßen. In dieser Saison haben die Skyblues nur noch eine realistische Titelchance - im FA Cup.