Trumps Vertraute sprechen mit Selenskyjs Konkurrenten

Nicht nur demütigt Trump Selenskyj vor aller Welt. Vielmehr macht Washington es wie der Kreml und stellt die Legitimität des verfassungsmäßigen ukrainischen Präsidenten infrage. Dabei knüpfen Trumps Vertraute bereits Kontakte zu Selenskyjs Gegnern. Diese äußern sich nun - auch zu möglichen Neuwahlen.

Vier hochrangige Vertraute des US-Präsidenten Donald Trump haben mit einigen der wichtigsten politischen Gegner des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gesprochen. Es habe Unterhaltungen mit der ukrainischen Oppositionsführerin Julia Timoschenko und führenden Vertretern der Partei des Ex-Präsidenten Petro Poroschenko gegeben, berichtet "Politico" unter Berufung auf drei ukrainische Abgeordnete und einen US-Außenpolitikexperten der Republikaner. Dabei sei erörtert worden, ob in der Ukraine zügig Präsidentschaftswahlen abgehalten werden könnten.

Timoschenko und Poroschenko bestätigten nach der Veröffentlichung des Berichts die Gespräche mit den USA. Sein Team arbeite "öffentlich und transparent" mit den US-Partnern zusammen, um eine parteiübergreifende Unterstützung für die Ukraine zu gewährleisten, sagte Poroschenko laut "Kyiv Independent". Zugleich wiederholte er seine Ablehnung von Wahlen während des Krieges. Timoschenko reagierte ebenfalls auf den "Politico"-Artikel und sagte, ihre Partei Batkiwschtschyna verhandle mit "unseren Verbündeten, die dabei helfen können, so schnell wie möglich eine gerechte und friedliche Lösung zu finden". Sie bekräftigte, dass Wahlen erst nach dem Ende des Krieges möglich seien.

Am vergangenen Freitag war Selenskyj im Weißen Haus mit Trump und dessen Vizepräsidenten J.D. Vance aneinandergeraten. Trump und Vance hatten Selenskyj schwere Vorwürfe gemacht - unter anderem warfen sie ihm fehlende Dankbarkeit und mangelnden Respekt vor. Das Treffen wurde vorzeitig abgebrochen, ein geplantes Rohstoffabkommen nicht unterzeichnet. Die USA haben inzwischen die Waffenhilfe für die von Russland angegriffene Ukraine ausgesetzt. Selenskyj brachte am Dienstag sein Bedauern über den Eklat zum Ausdruck.

Zuvor hatte Trump Selenskyj einen "Diktator ohne Wahlen" genannt und Selenskyjs Legitimität in Zweifel gezogen. Hintergrund der Behauptung, die auch der Kreml regelmäßig verbreitet, ist, dass Selenskyjs reguläre Amtszeit im Mai vergangenen Jahres auslief und normalerweise in der Ukraine neu gewählt werden müsste - was die ukrainische Verfassung während des Krieges aber verbietet.

Kiew hat wiederholt klargestellt, im Falle eines Friedensschlusses Neuwahlen einzuberufen. Dass wegen des russischen Angriffs auf sein Land das Kriegsrecht gelte und es deshalb keine Neuwahlen geben könne, sei keine ukrainische Besonderheit, sagte der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev kürzlich in der ARD. "Das ist die gängige Praktik in vielen Ländern der Welt, und auch in Deutschland."

Selenskyj: "Nicht so einfach, mich zu ersetzen"

Nach dem desaströsen Treffen im Weißen Haus reagierte Selenskyj auch am Sonntag: "Angesichts dessen, was passiert, und angesichts der Unterstützung wird es nicht so einfach sein, mich zu ersetzen", sagte Selenskyj nach einem Gipfeltreffen mit europäischen Verbündeten in London. "Es reicht nicht aus, einfach eine Wahl abzuhalten. Man müsste mich auch daran hindern, zu kandidieren, was etwas schwieriger wäre", fügte der ukrainische Staatschef hinzu.

Er bekräftigte, dass er zum Rücktritt bereit sei, wenn die Ukraine im Gegenzug Mitglied der Nato werde. Dann hätte er seine "Mission erfüllt".

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