Gewerkschaft: Neun Journalisten in Türkei festgenommen
In der ganzen Türkei finden Proteste gegen die Verhaftung des Erdogan-Widersachers Ekrem Imamoglu statt. Journalisten berichten darüber - und geraten damit nach Gewerkschaftsangaben ins Visier der Sicherheitskräfte.
In der Türkei sind im Zuge der Proteste gegen die Verhaftung und Absetzung Ekrem Imamoglus als Istanbuler Oberbürgermeister nach Angaben der Journalistengewerkschaft mindestens neun Berichterstatter festgenommen worden. Darunter sei auch ein Fotograf der Nachrichtenagentur AFP, teilte die Gewerkschaft in einem Beitrag auf X mit. Der Grund für die Festnahme der Journalisten ist bislang unklar. Sie hatten über die nächtlichen Proteste in mehreren Städten gegen die Verhaftung Imamoglus berichtet.
Ein türkisches Gericht hatte Imamoglu, den wichtigsten politischen Rivalen von Präsident Recep Tayyip Erdogan, am Sonntag wegen Korruptionsvorwürfen inhaftiert. Dies löste die größten Proteste in der Türkei seit mehr als einem Jahrzehnt aus. Trotz Versammlungsverboten in vielen Städten fanden am Sonntag die fünfte Nacht in Folge weitgehend friedliche Demonstrationen gegen die Regierung statt. Die wichtigste Oppositionspartei CHP hatte zu den Protesten gegen die Gerichtsentscheidung aufgerufen.
Wahl 2028: Imamoglu als Kandidat nominiert
Die CHP vermutet hinter der Verhaftung Imamoglus politische Motive. Die Regierung weist dies zurück und betont die Unabhängigkeit der Gerichte. Imamoglu sieht in den gegen ihn erhobenen Vorwürfen eine Kampagne. Ihm werden Korruption und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen.
Reguläre Präsidentenwahlen in der Türkei sind für 2028 angesetzt. Erdogan könnte sie jedoch vorziehen, falls er wieder antreten will. Imamoglus Festnahme ist der vorläufige Höhepunkt einer monatelangen juristischen Kampagne gegen Oppositionelle, die als Versuch kritisiert wird, deren Wahlchancen zu schmälern und abweichende Meinungen zum Schweigen zu bringen. Die Regierung weist die Vorwürfe zurück.
Wenige Stunden nach der Inhaftierung Imamoglus und der vorläufigen Absetzung als Istanbuler Bürgermeister nominierte seine Partei CHP ihn offiziell zum Präsidentschaftskandidaten. In der parteiinternen Abstimmung am Sonntag stimmten 1,6 Millionen der 1,7 Millionen CHP-Mitglieder für Imamoglu als Präsidentschaftskandidaten, wie Parteichef Özgür Özel am Abend bei einer Kundgebung in Istanbul erklärte. Özel sprach von einer "historischen Wahl".