13 häufige Irrtümer über die Rente
Die Rente - Sehnsuchtsziel und Schreckensszenario gleichermaßen. Doch ungeachtet dessen, ob das Geld im Alter reicht oder was man mit der vielen Zeit nach dem Arbeitsleben anfangen möchte, halten sich rund um das Thema gesetzliche Rente einige Annahmen hartnäckig. Hier sind sie.
Dass die umlagefinanzierte Rente hierzulande auf wackeligen Beinen steht, hat sich herumgesprochen. Denn es wird in Zukunft hierzulande viele alte Menschen und im Gegenzug wenige junge Menschen geben. Anders ausgedrückt, es fehlt an Beitragszahlern. Dass dadurch das Rentensystem vor größeren Problemen steht, bedarf keiner weiteren Erklärung. Allerdings scheint es nur drei Lösungen zu geben: die Anhebung des Rentenalters, die Erhöhung der Beitragszahlungen oder die Reduzierung der Leistungen.
Doch die Aussicht, ein Jahr länger für die ohnehin mageren Bezüge im Alter buckeln zu müssen, sorgt bei den wenigsten für Heiterkeit. Und auch eine massive Erhöhung der Rentenbeiträge, um des Problems Herr zu werden, kommt für die Politik nicht infrage. Auch nicht, das Rentenniveau abzusenken. Zu groß ist die Sorge vor dem Zorn der Wähler. Nun soll die sogenannte Aktienrente das Problem abfedern. So ist es zumindest im Koalitionsvertrag der aktuellen Regierung verankert. Noch fehlt es aber an einer Konkretisierung der Pläne.
Was bleibt, sind eine Menge Ungewissheiten darüber, wie die gesetzliche Rente in Zukunft gesichert werden soll. Doch abgesehen davon halten sich auch ganz ohne Zukunftssorgen einige irrtümliche Annahmen über die Rentenbezüge, wie die Deutsche Rentenversicherung informiert. Hier ist der Faktencheck:
Jeder muss bis 67 arbeiten
Nein. Das Regelrentenalter 67 Jahre gilt erst ab Geburtsjahrgang 1964. Wer vor diesem Stichtag geboren ist, für den steigt die Altersgrenze schrittweise von 65 auf 67 Jahre.
Wer 45 Jahre lang in die Rentenkasse eingezahlt hat, kann mit 63 ohne Abzug in Rente gehen
Nicht ganz richtig. Wer 45 Jahre lang Beiträge in die Rentenversicherung eingezahlt hat, hat zwar Anspruch auf die Altersrente für besonders langjährig Versicherte ohne Abzüge, allerdings erst nach Erreichen der entsprechenden Altersgrenze. Je nachdem, in welchem Jahr der Versicherte geboren wurde, liegt diese zwischen 63 und 65.
Im Jahr 2012 startete die Anhebung des Renteneintrittsalters. Im Zuge der schrittweisen Anhebung des Renteneintrittsalters in der gesetzlichen Rentenversicherung ("Rente mit 67") steigen die Altersgrenzen auch in diesem Jahr um einen weiteren Monat. Versicherte, die 1956 beziehungsweise 1957 geboren sind und für die keine Vertrauensschutzregelungen gelten, erreichen die Regelaltersgrenze mit 65 Jahren und zehn Monaten beziehungsweise mit 65 Jahren und elf Monaten.
Für die folgenden Geburtsjahrgänge erhöht sich die Regelaltersgrenze zunächst um je einen weiteren Monat; ab 2024 wird die Altersgrenze beginnend mit dem Geburtsjahrgang 1959 in 2-Monats-Schritten angehoben. Für Versicherte ab Jahrgang 1964 gilt dann die Regelaltersgrenze von 67 Jahren.
Bei einem Hinzuverdienst durch einen Job wird die Rente gekürzt
Meist nicht mehr. Wer früher in Rente geht und sich etwas dazuverdient, musste bislang darauf achten, dass bestimmte Grenzen nicht überschritten wurden - ansonsten wäre die Rente gekürzt worden. Diese Hinzuverdienstgrenze wurde 2023 vollständig abgeschafft. Bei einem Ruhestand ab 63 darf man nun so viel neben der Rente verdienen, wie man möchte. Die Regelung betrifft Menschen, die mit 35 Beitragsjahren in Rente gehen, aber die Regelaltersgrenze noch nicht erreicht haben.
Schon während der letzten beiden Corona-Jahre lag die Hinzuverdienstgrenze bei vorgezogenen Altersrenten deutlich höher als in den Jahren davor. Statt 6300 Euro durften Frührentner bis zu 46.060 Euro im Jahr dazuverdienen. Der Gesetzgeber will mit der vollständigen Aufhebung der Hinzuverdienstgrenze dem Fachkräftemangel begegnen und den Übergang vom Berufsleben in den Ruhestand flexibler gestalten. Beim Erreichen der regulären Altersrente gab und gibt es keine Hinzuverdienstgrenze.
Nicht abgeschafft wurde die Hinzuverdienstgrenze hingegen für all diejenigen, die eine volle oder teilweise Erwerbsminderungsrente beziehen. Allerdings wird die Hinzuverdienstgrenze für Erwerbsminderungsrentner erhöht. Bei voller Erwerbsminderungsrente wurde sie in diesem Jahr von bisher 6300 Euro auf 17.272,50 Euro angehoben. Wer nur teilweise erwerbsgemindert ist, muss seine Hinzuverdienstgrenze individuell durch die Rentenversicherung errechnen lassen. Die Grenze lag bisher aber mindestens bei 15.989,40 Euro pro Jahr. Dieser Wert ist 2023 gestiegen. Und zwar um mehr als das Doppelte auf 34.545 Euro.
Bei vorzeitiger Rente enden die Abschläge mit Erreichen der regulären Altersrente
Leider nicht. Wer vor Erreichen des regulären Rentenalters eine Altersrente für langjährig Versicherte oder eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen in Anspruch nehmen möchte, muss für jeden Monat des vorgezogenen Rentenbeginns einen Abschlag von 0,3 Prozent in Kauf nehmen. Wer heute 55 Jahre alt ist und mit 63 in Rente will, hat so Rentenabschläge von 14,4 Prozent. Diese Abschläge können von Versicherten aber ab einem Alter von 50 Jahren, wenn sie zum geplanten Renteneintritt mindestens 35 Versicherungsjahre in der Rentenversicherung vorweisen können, Kinderbetreuungszeiten und Schulzeiten eingeschlossen, durch Sonderzahlungen in die Rentenkasse ganz oder teilweise ausgeglichen werden.
Allerdings ist ein vorzeitiger Ruhestand nur für jene möglich, die überhaupt 35 Versicherungsjahre beisammen haben. Wer darunterbleibt, kommt erst mit dem Erreichen der Regelaltersrente mit 65 oder 67 Jahren in den Genuss einer Rente. Bedacht werden sollte auch, dass die Rentenkürzung ein Leben lang erhalten bleibt. Sie fällt nicht weg, sobald Versicherte ihr reguläres Rentenalter erreicht haben. Ausnahmen gibt es nur für Menschen mit Schwerbehinderung.
Aber immerhin: Wer eine Mindestversicherungszeit von 45 Jahren hat, muss nicht zwangsläufig das Erreichen der Regelaltersrente abwarten, um abschlagsfrei in Rente zu gehen. Dieser Personenkreis nennt sich "besonders langjährige Versicherte".
Die letzten Jahre vor der Rente sind für die Höhe der Bezüge besonders wichtig
Nein. Die Rentenhöhe hängt nicht von den Einzahlungen der letzten Arbeitsjahre ab, sondern resultiert aus dem gesamten Versicherungsleben. Nur wenn in den letzten Jahren vor der Rente am höchsten verdient wird, sorgen diese Zeiten für einen besonders hohen Rentenzuwachs.
Die Rente gibt es automatisch
Nein. Zunächst muss ein Rentenantrag gestellt werden. Dabei ist es wichtig, das rechtzeitig zu tun. Der Antrag sollten drei Monate vor dem gewünschten Termin bei der Rentenversicherung eingehen. Gibt es noch ungeklärte Zeiten im Versicherungsverlauf, dann besser etwas eher. Wichtig zu wissen: Die gesetzliche Rente kann bis zu drei Monate rückwirkend beantragt werden. Wer später dran ist, erleidet finanzielle Einbußen, da die Zahlung dann erst verspätet - ohne Nachzahlungen - beginnt.
Die Antragsformulare sind in den Beratungsstellen oder den Gemeindeverwaltungen erhältlich. Zudem kann der Antrag auch angefordert werden.
Wer sich nicht alleine durch den Papierberg kämpfen oder sich vorab informieren will, kann sich in einer der Beratungsstellen kostenlos helfen lassen. Unter deutsche-Rentenversicherung.de finden sich die entsprechenden Anlaufpunkte. Unter der Telefonnummer 0800/10004800 kann man einen Termin vereinbaren. Personalausweis, Steuer-ID und Krankenkassendaten sollten zum Gespräch mitgebracht werden.
Eine andere Möglichkeit stellen die Dienste eines freien Rentenberaters dar. Er hilft, Lücken zu klären und den Antrag korrekt auszufüllen oder aber, prüfen zu lassen, ob die Möglichkeit besteht, durch Zahlung freiwilliger Beiträge noch die Rente zu erhöhen oder überhaupt zu sichern. Je nach Arbeitsaufwand beläuft sich das Honorar auf rund 400 Euro.
Die Altersrente des Ehepartners wird auf die eigene Altersrente angerechnet
Stimmt nicht. Auf die eigene Rente wird die Altersrente des Ehepartners nicht angerechnet. Es gibt lediglich Ausnahmen bei Rentenansprüchen nach dem Fremdrentengesetz.
Die Rente muss voll versteuert werden
Noch nicht. Wer 2022 in Rente gegangen ist, zahlt auf 82 Prozent der Rente Steuern. Für im Jahr 2023 neu hinzukommende Rentnerjahrgänge hat sich der steuerpflichtige Rentenanteil auf 83 Prozent erhöht. Somit bleiben nur noch 17 Prozent der ersten vollen Bruttojahresrente steuerfrei. Alle Renten, die im Jahr 2040 oder später beginnen, sind dann zu 100 Prozent zu versteuern. Bei den Bestandsrenten bleibt der festgesetzte steuerfreie Rentenbetrag bestehen. Rentner müssen seit 2005 einen Teil ihrer Altersbezüge versteuern. Der steuerfreie Freibetrag reduziert sich seitdem jährlich.
Steuerfrei ist nur, wessen Rente niedriger als der Grundfreibetrag von 10.908 Euro für Alleinstehende (für verheiratete Ehepaare das Doppelte) ist. Hintergrund für die dynamische Rentenbesteuerung ist die Umstellung der Besteuerung auf ein nachgelagertes System. Das heißt, während des Erwerbslebens können die Beiträge zur Rentenversicherung steuerlich abgezogen und in der Auszahlungsphase muss die Rente versteuert werden.
Frauen dürfen mit 60 in Rente gehen
Das war einmal. Das galt nur für Frauen, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind - und auch für sie nur dann, wenn sie ab dem 40. Geburtstag mehr als zehn Jahre lang Pflichtbeiträge in die Rentenversicherung eingezahlt hatten.
Ehemänner haben keinen Anspruch auf Witwenrente
Doch. Oder genauer, sie bekommen eine Witwer- beziehungsweise eine Hinterbliebenenrente. Diese gibt es unter bestimmten Voraussetzungen. So muss der verstorbene Partner mindestens fünf Jahre in die Rente eingezahlt haben und die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft bestand mindestens für ein Jahr, wie die Deutsche Rentenversicherung Bund erklärt.
Wird eine Ehe aber nur geschlossen, um dem Partner eine Rente zu sichern, lehnt die Rentenversicherung meist eine Zahlung ab, weil eine sogenannte "Versorgungsehe" zu vermuten ist. In diesem Fall besteht kein Anspruch auf Witwen- oder Witwerrente.
Doch es gibt bei den zu erfüllenden Voraussetzungen auch Ausnahmen: Stirbt der Ehepartner beispielsweise bei einem Unfall, durch eine plötzliche Erkrankung oder gibt es ein gemeinsames minderjähriges Kind, hat der Überlebende auch bei kürzerer Ehedauer einen Rentenanspruch.
Kann eine Versorgungsehe ausgeschlossen werden und hat der verstorbene Ehepartner die sogenannte Wartezeit erfüllt, steht der Gewährung einer Witwen- oder Witwerrente auf Antrag nichts mehr im Wege. Dabei wird zwischen einer kleinen und einer großen Witwenrente unterschieden. Was es damit auf sich hat und wie hoch die Zahlungen ausfallen, lesen Sie hier.
Die Aufteilung der Renten nach einer Scheidung ist endgültig
Stimmt nur bedingt. Scheitert eine Ehe, beginnt das große Rechnen. Neben etwaigen Unterhaltskosten und dem Aufteilen während der Ehe erworbener materieller Güter ist auch meist ein Versorgungsausgleich fällig. Es sei denn, dieser wurde ausdrücklich ausgeschlossen. Ist dem nicht so, werden durch das Familiengericht alle während der Ehe erworbenen Rentenansprüche beider Eheleute je zur Hälfte geteilt und miteinander verrechnet. Dies gilt für die gesetzliche wie für die private Rentenversicherung, für die betriebliche Altersversorgung und auch Pensionsansprüche aus einem Beamtenverhältnis.
Eine Versichertenrente, die wegen eines Versorgungsausgleichs gekürzt wird, kann unter Umständen auch in voller Höhe gezahlt werden: Verstirbt der frühere Ehegatte, dessen Rentenansprüche sich durch den Versorgungsausgleich erhöht haben, kann auf Antrag die Rente des Ausgleichspflichtigen in Zukunft ungekürzt gezahlt werden. Voraussetzung ist, dass der Verstorbene nicht mehr als drei Jahre eine durch den Versorgungsausgleich erhöhte Rente erhalten hat. Die Anpassung der Rente ist erst ab dem Folgemonat der Antragstellung möglich, weshalb auf eine schnellstmögliche Antragstellung beim zuständigen Rentenversicherungs- oder Versorgungsträger geachtet werden sollte.
Und wenn die Ehe nur drei Jahre oder kürzer Bestand hatte, findet ein Versorgungsausgleich nur statt, wenn einer oder beide ehemaligen Partner dies beim Familiengericht beantragen. Sind die Anrechte der Ex-Partner überwiegend gleichwertig oder handelt es sich um einzelne, geringwertige Anrechte, wird das Familiengericht den Ausgleich nicht vornehmen. Aber auch bei krassem Fehlverhalten eines Ehepartners entfällt der Ausgleich meist.
Grundsätzlich können Ehepaare aber auch eigene Vereinbarungen zur Gestaltung ihrer Altersversorgung im Falle einer Scheidung treffen. Diese müssen, um vor Gericht Bestand zu haben, von einem Notar beurkundet sein. Derart kann ein Versorgungsausgleich auch ganz ausgeschlossen werden.
Eine Reha-Leistung führt zur Kürzung der späteren Rente
Nein. Eine Rehabilitationsmaßnahme mindert die spätere Rente nicht. Während einer Reha werden normalerweise Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung entrichtet, die den späteren Rentenanspruch erhöhen. Darüber hinaus führt eine erfolgreiche Rehabilitation zumeist zu einer längeren Erwerbstätigkeit und damit auch zu einer höheren Rente.
Auszubildende haben erst nach fünf Jahren Absicherung wegen Erwerbsminderung
Nicht richtig. Für Berufsanfänger bestehen Sonderregelungen hinsichtlich der Rente wegen Erwerbsminderung: Auszubildende sind bei einem Arbeitsunfall oder einer Berufskrankheit bereits ab dem ersten Tag durch die gesetzliche Rentenversicherung abgesichert. Alle anderen Berufstätigen müssen aber mindestens fünf Jahre vor Eintritt der Erwerbsminderung in der Deutschen Rentenversicherung versichert sein.
(Dieser Artikel wurde am Sonntag, 12. Februar 2023 erstmals veröffentlicht.)