Der BVB manövriert sich in Kovacs Lieblingsmotto

Die erste Halbzeit hui, die zweite pfui: Borussia Dortmund spielt im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League gegen OSC Lille so wankelmütig, wie sich das Team seit Monaten gibt. Das ärgert Trainer Niko Kovac und seine Spieler - und macht ganz klar, wie es nächste Woche laufen muss.

"Keep it simple" heißt das Motto von Trainer Niko Kovac, seitdem er bei Borussia Dortmund übernommen hat. Zumindest in einem Punkt halten sich seine Spieler daran: Wenn es in der kommenden Woche im Achtelfinal-Rückspiel der Champions League zu OSC Lille (Mittwoch, 18.45 Uhr/DAZN und im ntv.de-Liveticker) geht, ist die Ausgangslage klar. Der BVB muss gewinnen. Ganz einfach also.

So sieht es auch Karim Adeyemi: "Dann holen wir es halt bei denen zu Hause", sagt er so selbstbewusst wie trotzig. Und eben getreu dem Kovac-Motto. Zumindest theoretisch ist das einfach. Aber an der praktischen Umsetzung darf gezweifelt werden. Schließlich ist beim BVB seit Monaten alles überhaupt nicht simpel. Und schon gar nicht leicht zu erklären. Ein ständiges Hin und Her in der Leistung - sogar innerhalb des Spiels. So ist das 1:1 (1:0) gegen Lille folgerichtig. Aber eben auch schmerzhaft. "Das müssen und können wir viel besser", hadert Kapitän Emre Can.

Denn vor der wie immer ausverkauften Kulisse im heimischen Stadion überzeugt der BVB zunächst gegen Lille. Zug zum Tor, gutes Zusammenspiel, Dominanz. Die Folge: ein Traumtor von Karim Adeyemi - alles andere als simpel. Der 23-Jährige, der fast so etwas wie das Sinnbild seines Teams ist - mal völlig in der Versenkung verschwunden, unter Kovac aber offenbar aufgeblüht, selbstbewusst -, bekommt den Ball nach einer Ecke, er steht völlig allein im Rückraum und zieht per Dropkick ab. Aus etwa 18 Metern fliegt der Ball wie ein Strahl Richtung Tor, knallt an den Innenpfosten und von da aus ins Tor.

Alles gut also, der BVB zeigt sein schönes Gesicht? Kurz vor der Pause explodiert das Stadion noch einmal in Jubel, weil Pascal Groß den Ball aus kurzer Distanz ins Tor befördert. Aber: Abseits, es bleibt bei der 1:0-Führung zur Halbzeit. Und dann zeigt der BVB eben doch wieder sein anderes Gesicht.

"Wir haben die Kontrolle verloren"

Das, bei dem die Schwarz-Gelben sich in ihrer Passivität ergeben, keinerlei Torgefahr ausstrahlen - und die Quittung bekommen. Ausgleich durch Hakon Haraldsson (68.). Verursacht durch ein Mittelfeld ohne Zugriff, ohne Pressing, ohne Leidenschaft. Ein Tor, das sich angedeutet hatte, wie es so schön heißt, wenn überdeutlich zu sehen ist, dass das Spiel kippt.

"In der zweiten Halbzeit hatten wir keinen Zugriff mehr. Wir hatten zu wenig Spielverlagerung und zu wenig Phasen, wo wir das Spiel dann auch beruhigt haben. Wir haben den Ball sehr leicht weggegeben", so sieht es Kovac. Und Groß stimmt ihm zu: "Wir haben die Kontrolle verloren und den Gegner zurück ins Spiel kommen lassen." Can ergänzt: "Wir sind nicht dahingegangen, wo es wehtut. Und das muss man gegen sie. Gegen den Ball müssen wir uns besser bewegen und mutiger sein."

Die Analyse ist so klar wie einfach. Der BVB ist selbst schuld am Ergebnis und an der Ausgangslage für das Rückspiel. Dabei wird OSC Lille bei der Auslosung als machbares, vielleicht sogar dankbares Los für das Kovac-Team bewertet. Fünfter der französischen Ligue 1, zuletzt 1:4 gegen Primus Paris St. Germain verloren. Aber genauso wie die für den BVB mögliche Alternative Aston Villa direkt für das Achtelfinale qualifiziert. Und heimstark: Erst wettbewerbsübergreifend drei Spiele verlor Lille zu Hause.

Der BVB hat sich also in eine Situation gedaddelt, die eben doch gar nicht so einfach ist, wie Kovac es gern hätte. "Es wird nicht einfach in Lille", sagt Can und betont trotzdem: "Wir fahren mit breiter Brust hin." Und auch Kovac ist sicher: "Ich bin davon überzeugt, dass wir es im Rückspiel hinkriegen." Denn es ist ja ganz simpel: Gewinnen und ins Viertelfinale einziehen.

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