Als Prost sein Auto schob - und den Konkurrenten zu Grabe trug

Alain Prost wird viermal Formel-1-Weltmeister, trägt den Spitznamen "Professor" und liefert sich über Jahre hinweg auf allen Ebenen ein erbittertes Duell mit der Legende Ayrton Senna. Dann wird er einer der Sargträger seines großen Konkurrenten. Heute feiert die F1-Ikone Prost ihren 70. Geburtstag.

Es herrscht Waschküchenwetter an diesem Juli-Tag 1986 in Hockenheim. Beim Großen Preis von Deutschland ist Alain Prost, der amtierende Formel-1-Weltmeister, wie immer in der Spitzengruppe dabei, Platz zwei hinter dem früh enteilten Nelson Piquet scheint sicher. Die Zielgerade ist in Sicht, da rollt der McLaren mit leerem Tank aus. Prost bleibt in der Hitze cool: Er steigt aus und schiebt das 540 Kilogramm schwere Auto im ohrenbetäubenden Jubel der Zuschauer die letzten Meter durch das Motodrom. Der Lohn: Platz sechs und immerhin noch ein WM-Punkt.

Am heutigen Montag wird der Mann, den sie wegen seiner kühl kalkulierten Fahrweise den Professor nannten, 70 Jahre alt. Viermal, 1985, 1986, 1989 und 1993, holt der nur 1,60 Meter große Franzose den WM-Titel, damit gehört er bis heute zu den ganz großen Namen der Branche. So richtig beliebt ist der Rennfahrer Alain Prost aber nie, zurückhaltend und immer auf Distanz bedacht taugt er nicht zum Liebling der Massen.

Und dann kommt auf einmal einer, der ihn auf allen Ebenen aus der Reserve lockt. Als McLaren 1987 in Monza Ayrton Senna für die Saison 1988 ankündigt, steht der amtierende Champion Alain Prost mit versteinerter Miene daneben. "Der Typ ist völlig durchgeknallt", soll er viel später über Senna sagen, "er hat keine Werte."

Sargträger bei Sennas Beisetzung

Das Duell auf der Strecke wird episch, vielleicht ist es bis heute das größte, das es in dem Ego-Sport Formel 1 je gegeben hat. Senna ist der Popstar, die Herzen fliegen ihm von allen Seiten zu. Alain Prost sieht sich wortwörtlich in den Hintergrund gedrückt, denn auf der Strecke nimmt Senna keine Rücksicht auf seinen Teamkollegen. Es gibt kein Miteinander, alles wird zum Gegeneinander, schon die Helme bringen es auf den Punkt: Hier das kühle Blau-Weiß von Alain Prost, dort das giftig-aggressive Gelb von Ayrton Senna.

Nach zwei Jahren hat Prost die Nase voll. Er wechselt zu Ferrari, wird aber auch in Maranello nicht glücklich. Beim Saisonfinale 1990 rempelt ihn ausgerechnet Senna im McLaren absichtlich von der Strecke und holt sich dadurch seinen zweiten WM-Titel. Im Jahr darauf nennt Alain Prost seinen Ferrari einen schwerfälligen Lastwagen und läutet mit dieser Majestätsbeleidigung das Ende seiner Zeit bei den Roten ein.

1992 überbrückt Prost als Testfahrer für Ligier, bevor er 1993 mit Williams in die WM zurückkehrt und seinen vierten und letzten Titel gewinnt. Als Teamchef Frank Williams für das Jahr 1993 Ayrton Senna als neuen Fahrer vorstellt, beendet Prost genervt seine Formel-1-Karriere. Nur wenige Monate später ist er einer der Sargträger bei der Beisetzung von Ayrton Senna in São Paulo. Irgendwie haben sich die beiden Kontrahenten von einst in Sennas letzten Wochen vor der Tragödie von Imola angenähert.

Als Teamchef, Berater und TV-Experte bleibt Prost der Formel 1 bis heute erhalten. Und er taucht in ungewohnter Rolle auf: Im Oktober 2017 trägt der römische Wagenlenker Caligarius im Comic-Band "Asterix in Italien" die unverkennbaren Züge von Alain Prost.

Das könnte Ihnen auch gefallen