Thüringer BSW-Chef beklagt parteiinterne Angriffe und kritisiert Parteigründerin Wagenknecht
CDU, SPD und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) regieren Thüringen in einer sogenannten Brombeerkoalition. Das könnte womöglich bald ein Ende haben: Der Thüringer Landeschef des BSW, Steffen Schütz, sieht innerparteiliche Widerstände gegen die Beteiligung seiner Partei an der Landesregierung. »Es gibt Bestrebungen in der Bundespartei, aber auch innerhalb des Landesverbandes, die Regierungsbeteiligung des BSW in Thüringen zu beenden«, sagte Schütz dem »Stern«.
Diejenigen, die das forderten, meinten, der Osten habe bei der Bundestagswahl nicht geliefert, und verorteten die Verantwortlichen dafür in Thüringen. »Das weise ich entschieden zurück«, sagte Schütz.
Kritik an Wagenknechts Äußerung zu Schulessen
Seine Kritik zielte auch auf Parteigründerin Sahra Wagenknecht ab: »Es trifft mich persönlich, wenn die Bundesvorsitzende unwidersprochen nur zehn Wochen nach unserem Amtsantritt sagt, dass wir in Thüringen nicht einmal in der Lage seien, ein kostenfreies Mittagessen für Schüler möglich zu machen«, sagte Schütz. Das BSW stehe mit der Brombeerkoalition erst am Anfang, dennoch habe man bereits einiges erreicht: »Wer sich den Regierungsvertrag anschaut, liest auf fast jeder Seite die Handschrift des BSW.«
Am Montag nach der Bundestagswahl hatte Wagenknecht in der Bundespressekonferenz gesagt, »jahrelange verfehlte Politik« lasse sich »nicht über Nacht ändern und schon gar nicht in Landeshaushalten, in denen 90 Prozent für Pflichtaufgaben reserviert ist und ein kostenloses Mittagessen für Schüler an fehlenden Finanzen scheitert«. Die Thüringer Brombeerkoalition hatte in der Tat ein kostenloses Schulessen versprochen. Finanzministerin Katja Wolf (BSW) kassierte das Versprechen allerdings später wieder unter Berufung auf eine »extrem schwierige Haushaltssituation«.
»Das Ergebnis des Bundestagswahlkampfes hat nichts mit Thüringen zu tun«
Das BSW war bei der Bundestagswahl vor zwei Wochen mit 4,97 Prozent am Sprung in den Bundestag knapp gescheitert. Parteichefin Wagenknecht selbst hatte die Regierungsbeteiligung des BSW in Thüringen und Brandenburg mit dem Rückgang der Zustimmung für ihre Partei in Zusammenhang gebracht. Die Regierungsbeteiligungen seien für das BSW ein Dilemma gewesen, weil hohe Erwartungen nicht unmittelbar zu erfüllen gewesen seien, sagte die Parteichefin.
Schütz entgegnete: »Das Ergebnis des Bundestagswahlkampfes hat nichts mit Thüringen zu tun, sondern damit, dass sich nach außen nur auf das Friedensthema konzentriert wurde.« Schütz führt die Landespartei gemeinsam mit Vizeministerpräsidentin und Finanzministerin Wolf.
Wolf stand in den vergangenen Tagen öfter im parteiinternen Kreuzfeuer . Zwischen ihr und Wagenknecht gibt es schon länger Konflikte , die BSW-Parteichefin hatte der Thüringerin Wolf bereits in die Sondierungen mit CDU und SPD hineingefunkt. Das BSW war im vergangenen Jahr aus dem Stand bei den Wahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg in die Landesparlamente eingezogen.
Katja Wolf (l.) und Sahra Wagenknecht
Foto: Michael Reichel / dpa