Deutschland setzt Aufnahme von Uno-Geflüchteten aus
Deutschland hat einen vorübergehenden Aufnahmestopp bei der Umsiedlung besonders schutzbedürftiger Geflüchteter verhängt. Grund dafür seien die laufenden Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD. Bis eine neue Bundesregierung im Amt sei, würden keine Zusagen für neue Aufnahmen über das Resettlement-Programm mit dem Uno-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) gemacht, bestätigte das Bundesinnenministerium dem SPIEGEL.
Das bedeutet: Vorerst werden alle Verfahren ausgesetzt und keine weiteren Anträge angenommen. Nur Fälle, in denen die Verfahren schon weit fortgeschritten seien, würden noch zugelassen.
Deutschland hatte für 2024 und 2025 bis zu 6500 Plätze pro Jahr über das UNHCR-Resettlement und das Humanitäre Aufnahmeprogramm aus der Türkei zugesagt. Davon seien bisher 4711 Menschen eingereist.
Beim Resettlement-Verfahren, an dem Deutschland sich seit 2012 beteiligt, schlägt das UNHCR den Aufnahmestaaten besonders schutzbedürftige Menschen vor, die weder in ihr Heimatland zurückkehren noch im Erstaufnahmeland bleiben können. Deutsche Behördenvertreter führen dann Befragungen und Sicherheitsüberprüfungen vor Ort durch.
Wer aufgenommen wird, muss in Deutschland keinen Asylantrag stellen, sondern bekommt einen Aufenthaltstitel für drei Jahre. Bei erfolgreicher Integration ist später der Weg zu einem unbefristeten Aufenthalt möglich.
UNHCR hofft auf Weiterführung unter neuer Bundesregierung
Neben dem Resettlement gibt es zusätzliche humanitäre Aufnahmen, dazu zählen seit 2022 jährlich bis zu 12.000 Plätze für besonders gefährdete Menschen aus Afghanistan. Union und SPD hatten in ihrem Sondierungspapier festgelegt, freiwillige Bundesaufnahmeprogramme wie das für Afghanistan so weit wie möglich zu beenden und keine neuen solchen Programme aufzulegen.
Das Uno-Flüchtlingswerk in Deutschland nimmt nach Angaben eines Sprechers an, dass die neue Bundesregierung das Resettlement dennoch weiterführen wird. Deutschland habe sich unter den Regierungen von Angela Merkel und Olaf Scholz sehr zuverlässig beteiligt, sagt Pressesprecher Chris Melzer der Nachrichtenagentur dpa.
Deutschland war zuletzt mit im Schnitt rund 5000 Aufnahmen im Jahr meist das drittgrößte Aufnahmeland nach den USA und Kanada.
Rolle der USA schürt Unsicherheit
Die größte Sorge aus Sicht der Helfenden ist momentan allerdings der drohende Rückzug des größten Aufnahmestaats USA aus dem Resettlement-Programm. In den vergangenen Jahren nahmen die USA etwa zwei Drittel der darüber umgesiedelten Menschen auf. Unter dem vorherigen US-Präsidenten Joe Biden hatten die USA für das laufende Jahr ab Oktober 2024 bis zu 125.000 Plätze zugesagt.
Bidens Nachfolger Donald Trump beendete am Tag seines Amtsantritts das US-Programm zur Aufnahme von Geflüchteten. Ein Gericht erklärte das Dekret für unrechtmäßig, doch die Absicht der Regierung ist erkennbar. In seiner ersten Amtszeit hatte Trump die Aufnahmen erst ausgesetzt und später drastisch gesenkt.
Das Uno-Flüchtlingshilfswerk schätzt, dass 2,9 Millionen Geflüchtete unter dem Resettlement-Programm umgesiedelt werden müssten – ein Zehntel der insgesamt 29 Millionen Menschen unter seiner Obhut. Infrage kommen etwa verwitwete Mütter kleiner Kinder, Minderjährige, Folteropfer oder Menschen mit Behinderungen oder dringendem Behandlungsbedarf.