So könnte sich Trump Grönland einverleiben

Das Interesse von Donald Trump an Grönland ist ungebrochen. Der US-Präsident will die riesige Eisinsel unbedingt unter seine Kontrolle bringen. Die Vorlage könnte Trump ausgerechnet in der Südsee finden.

Donald Trump will Grönland kaufen, Dänemark will Grönland behalten und viele Grönlander selbst wollen die Unabhängigkeit. Die Situation um die riesige Eisinsel in der Arktis ist vertrackt. "Wir wollen unser Land selbst aufbauen", hat der wahrscheinlich kommende Ministerpräsident Jens-Frederik Nielsen vergangene Woche nach der Parlamentswahl auf der größten Insel der Welt gesagt. "Die Menschen wollen eine Veränderung. Wir wollen mehr Wirtschaft, um unseren Wohlstand zu finanzieren."

Nielsens Partei Demokraatit (Demokraten) steht für einen wirtschaftsliberalen Kurs. Mit knapp 30 Prozent der Stimmen reicht der Wahlsieg aber nicht für eine Alleinregierung, es braucht einen Koalitionspartner. Zwei Parteien kommen für die Juniorpartner-Rolle infrage: Entweder die Partei des aktuellen Regierungschefs Mute Egede, Inuit Ataqatigiit (Gemeinschaft der Inuit), oder die populistische Naleraq-Partei, die noch vor Egedes Regierungspartei zweitstärkste Kraft im Parlament geworden ist.

Die Naleraq, zu Deutsch "Peilmarke", plädiert am stärksten für die komplette Loslösung von Dänemark. Nielsen ist für überstürztes Handeln dagegen nicht zu haben. "Wir wollen nicht morgen die Unabhängigkeit, wir wollen eine gute Basis", sagte der Spitzenkandidat der Demokratischen Partei nach seinem Wahlsieg.

"Dänemark hat gar nicht mehr das Sagen"

Der Status quo ist nicht im Interesse der Inselbewohner. Der Großteil der etwa 56.000 Menschen in Grönland will unabhängiger werden vom 3500 Kilometer entfernten Dänemark. Dass sich am politischen Status von Grönland schnell etwas ändert, glaubt Klaus-Peter Saalbach nicht, wie er im ntv-Podcast "Wieder was gelernt" erklärt. Langfristig hält der Sicherheits- und Geopolitik-Experte von der Universität Osnabrück die grönländische Unabhängigkeit aber für wahrscheinlich. "Dänemark hat gar nicht mehr das Sagen in Grönland. Seit 2009 hat Grönland durch eine kleine Änderung des Autonomiestatuts das letzte Wort und könnte sich gegen den Willen Dänemarks für unabhängig erklären."

Die Änderung im Autonomiestatut hat jedoch auch zur Folge, dass Grönland nicht mehr verkauft werden kann. Das steht im Gegensatz zum Plan von US-Präsident Trump, sich die Insel einzuverleiben.

Dabei sind die Amerikaner in Grönland schon seit Jahrzehnten militärisch präsent. Washington betreibt im Nordwesten der massigen Eisinsel seit 1951 einen eigenen Militärstützpunkt. Bis 2020 hieß die Anlage Thule Air Base, 2023 wurde der Standort dem Space-Force-Kommando der Vereinigten Staaten zugeteilt und in Pituffik Space Base umbenannt.

Marshallinseln, Mikronesien, Palau

Aber mit dem Militärstützpunkt gibt sich Trump nicht zufrieden. Der US-Präsident will die Kontrolle über die gesamte Insel erlangen und Grönland zum US-Außengebiet machen. Das dürfte sich zwar schwierig gestalten, aber ein Mittelweg liegt bereits als Vorlage parat. Es handelt sich um ein sogenanntes Compact of Free Association, ein Abkommen in freier Assoziation. "So haben es die Amerikaner bereits mit einigen Pazifikstaaten gemacht: Palau, Mikronesien und die Marshallinseln", erklärt Experte Saalbach.

Die Marshallinseln befinden sich seit 1986 in "freier Assoziation" mit den USA, nachdem die Bürger des Inselstaats drei Jahre zuvor in einem Referendum dafür gestimmt hatten. Das Abkommen mit den USA war gleichbedeutend mit der Unabhängigkeit, zuvor waren die Marshallinseln ein von den Vereinigten Staaten kontrolliertes UN-Treuhandgebiet.

Der Assoziierungsvertrag mit den Föderierten Staaten von Mikronesien besteht ebenfalls seit 1986. Die USA sind für die Verteidigung des Landes verantwortlich und liefern überlebensnotwendige Finanzhilfen, welche die sonstigen Einkünfte Mikronesiens in den Schatten stellen.

Palau mit seinen gerade mal 17.000 Einwohnern gehört geografisch ebenfalls zu Mikronesien, hat sich aber Ende der 1970er Jahre gegen eine Beteiligung am Staatenbund der mikronesischen Inseln und für die Unabhängigkeit entschieden. Seit 1994 besteht das Abkommen mit den USA.

Die Amerikaner bekommen im Gegenzug für die Finanz- und Militärhilfen der drei Südseestaaten das Recht, in die Außenpolitik der Länder einzugreifen. Heißt konkret: Sehen die USA ihre Interessen durch außenpolitische Maßnahmen der Inselstaaten bedroht, dürfen sie ein Veto einlegen.

Offene Debatte über Abkommen mit USA

Auch in Grönland wurde bereits mit einem derartigen Assoziierungsabkommen geliebäugelt. "Das ist an der Universität von Nuuk, der Hauptstadt Grönlands, diskutiert worden", berichtet Saalbach im ntv-Podcast.

Die Partei von Wahlsieger Jens-Frederik Nielsen hat, bevor Trump mit seinen Annexionsplänen an die Öffentlichkeit trat, ebenfalls mit einem solchen Assoziierungsabkommen kokettiert.

Das wäre auch aus Sicht der Amerikaner ein denkbares Modell, ist Saalbach überzeugt. "Auf diese Weise könnte man die Chinesen und die Russen aus Grönland heraushalten. Denn Grönland übernimmt stellvertretend für Dänemark für die nächsten zwei Jahre den Vorsitz des Arktischen Rates und hat sich zum Ziel gesetzt, Russland wieder in den Rat zurückzuholen." Derzeit ist Russland wegen des Angriffskriegs in der Ukraine suspendiert. Grönland will das ändern: "Mit der Begründung, dass die Probleme der Arktis nur von allen arktischen Staaten gemeinsam gelöst werden könnten", berichtet Saalbach.

"Grönland steht nicht zum Verkauf"

Trump gibt sich unterdessen demonstrativ selbstbewusst wie immer. Er sei sicher, dass die USA Grönland "auf die eine oder andere Weise" bekommen würden. Obwohl laut einer Umfrage 85 Prozent der Grönländer kein Teil der USA werden wollen. Und Dänemark will die größte Insel der Welt nicht aufgeben. "Ich denke, es wird passieren", sagte Trump kurz nach der Wahl in Grönland bei einem Treffen mit Nato-Generalsekretär Mark Rutte. "Wir brauchen das für die internationale Sicherheit." Trump spielt damit auf die Präsenz der Russen und Chinesen in der Arktis an.

Aus strategischer Sicht ist Grönland für Washington tatsächlich wichtig. "Heute spricht man insbesondere über das Greenland-Iceland-UK-Gap, die GIUK-Lücke. Hier müssen russische U-Boote und Schiffe durchfahren, wenn sie in den Atlantik wollen. Wenn man Grönland kontrolliert, kontrolliert man auch die Nordwestpassage und die Transpolare Route. Ein riesiges Meeresgebiet", hat Arktis-Experte Michael Paul von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) im ntv-Podcast "Wieder was gelernt" bereits im Januar bestätigt. "Darüber hinaus ist die Region wegen ihrer Ressourcen interessant, angeblich schlummert in Grönland eine der größten Lagerstätten von seltenen Erden."

Trump ist indes auch nicht der erste amerikanische Präsident mit einem Kaufinteresse an Grönland, macht Paul deutlich. "Die erste Erwähnung einer solchen Idee stammt aus dem Jahr 1832. Früher waren solche Geschäfte üblich. Die USA haben 1867 Alaska dem zaristischen Russland abgekauft. Aber wir befinden uns nicht mehr im 19. Jahrhundert."

Und auch die Demokratische Partei von Bald-Regierungschef Nielsen formulierte es in ihrem Wahlprogramm eindeutig: "Grönland steht nicht zum Verkauf. Nicht heute. Nicht morgen. Niemals." Auch der bisherige Ministerpräsident Egede kann die Annexionspläne von Trump nach eigener Aussage "nicht akzeptieren".

Wie geht es weiter? Drei Szenarien

Michael Paul sieht auch kein realistisches Szenario, dass Trump mit seinem Annexionsplan Erfolg haben könnte. "Trump ist bekannt dafür, dass er mit großen Plänen antritt und dann nur kleine Teile realisiert. In diesem Fall stellt er wieder ein großes Vorhaben in den Raum, das letzten Endes in einer relativ pragmatischen Zusammenarbeit münden wird."

Es gibt derzeit mehrere Szenarien, wie es mit Trump und Grönland weitergehen könnte. Eine theoretische Möglichkeit ist, dass Trump irgendwann schlicht das Interesse an Grönland verliert und alles bleibt, wie es ist.

Eine andere theoretische Option: Trump zieht die militärische Karte und marschiert nach Grönland ein. Für die US-Truppen wäre es mutmaßlich ein leichtes Unterfangen, Grönland einzunehmen. Amerikanische Soldaten sind längst schon in Grönland stationiert. Gleichzeitig wäre ein solches Manöver wohl gleichbedeutend mit dem Ende der Nato, sollten die USA ein Gebiet überfallen, das unter dem Nato-Schutzschirm steht.

Bleibt noch eine andere Möglichkeit: Grönland forciert langsam, aber stetig die Unabhängigkeit von Dänemark, bemerkt jedoch, dass es ohne die Wirtschaftshilfen aus Kopenhagen nicht geht. Die USA erklären sich bereit, wirtschaftlich einzuspringen. "Die Grönländer wären dankbar und froh, wenn die Amerikaner ihr wirtschaftliches Engagement in Grönland vergrößern", bestätigte Arktis-Experte Paul im ntv-Podcast entsprechende Überlegungen. "Das allein wäre ein großer Deal. Insofern kann man schnell und einfach zusammenkommen, ohne dass sich Grönland den USA als neuer Hegemon unterwirft."

Grönland könnte dank der Finanzspritzen aus Washington unabhängig werden, müsste den Amerikanern aber im Gegenzug große Zugeständnisse machen. Zum Beispiel in Form von Schürfrechten für die Bodenschätze. Oder sie vereinbaren einen Assoziierungsvertrag, so wie ihn Mikronesien, die Marshallinseln und Palau mit den USA geschlossen haben.

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