So sieht Lindners Altersvorsorgedepot aus
Die Riester-Rente verlockt kaum noch zur privaten Vorsorge. Wodurch die meisten Menschen im Alter ein Problem haben werden. Der Finanzminister möchte das ändern - und legt Pläne für eine neue staatlich geförderte Altersvorsorge vor. So soll sie aussehen.
Vollkommen zu Recht machen sich hierzulande viele Menschen um ihre finanzielle Lage im Alter Sorgen. Die gesetzliche Rente ist zwar eine gute Sache, wird aber für die meisten nicht ausreichen. Womit die private Vorsorge ins Spiel kommt, am besten in staatlich geförderter Form. Das will mit der Riester-Rente nicht so recht klappen - zu wenige nutzen das Angebot. Denn die entsprechenden Produkte kosten die Sparer zu viel an Provisionen und Verwaltung. Das schmälert ihre Rendite und bereichert stattdessen Banken und Versicherungen. Zudem senkt auch die mangelnde Flexibilität der Produkte durch ein staatlich begrenztes Risiko die Renditemöglichkeiten.
Finanzminister Christian Lindner möchte sich nun der Angelegenheit annehmen und hat sich dazu die Ergebnisse der "Fokusgruppe private Altersvorsorge" zu eigen gemacht und deren Ideen für einen Reformvorschlag der geförderten privaten Altersvorsorge genutzt. Noch ist das Ganze keine beschlossene Angelegenheit, sondern nur ein Gesetzentwurf. Aber man kann sich die Sache ja schon mal ansehen.
Hier sind die wesentlichen Punkte des geplanten Altersvorsorgedepots:
Die Produkte
Es soll attraktiver werden, privat für das Alter vorzusorgen. Daher sollen die geförderten privaten Altersvorsorgeprodukte chancenreicher, flexibler, günstiger und transparenter ausgestaltet werden. Sparer können demnach in noch zu zertifizierende Fonds und ETFs in Aktien und Anleihen und andere geeignete realwertorientierte Anlageklassen selbstständig ohne Garantie investieren. Besonders riskante Produkte wie Krypto- oder Hebelprodukte sollen allerdings von der Auswahl ausgeschlossen sein.
Sicherheitsorientierte Verbraucher können aber weiterhin ein Garantieprodukt wählen. Bei diesen Produkten soll es künftig zwei Garantiestufen geben, 80 oder 100 Prozent.
Außerdem sollen die verschiedenen Angebote mithilfe einer kostenlos zugänglichen Onlineplattform ab 1. Januar 2027 vergleichbar sein.
Die Anbieter
Voraussichtlich wird das Altersvorsorgedepot bei (Online-)Banken, Neobrokern und Versicherungen zu haben sein.
Der Zeitpunkt
Geplant ist das Altersvorsorgedepot ab dem 1. Januar 2026
Die Förderung
Die bisher starre Grundzulage in Höhe von 175 Euro soll abgeschafft werden. Stattdessen sollen alle unmittelbar Förderberechtigten für jeden eingezahlten Euro 20 Cent Grundzulage, bis zu einem Maximalbetrag von 3000 Euro (bei der Riester-Rente höchstens 2100 Euro- aber inklusive Zulagen), erhalten. Die Grundzulage kann also künftig bis zu 600 Euro betragen. Ab 2030 sollen auch förderfähige Einzahlungen in Höhe von bis zu 3500 Euro möglich sein. Somit wird derjenige, der mehr einzahlt, im Vergleich zur alten Regelung auch stärker gefördert. Ab einer Einzahlung von 120 Euro pro Jahr, also 10 Euro pro Monat, kann man von der Förderung profitieren.
Vorsorgesparer mit einem Einkommen bis zu 26.250 Euro sollen als Unterstützung zusätzlich eine jährliche Bonuszulage von 175 Euro erhalten. Berufseinsteiger, die zu Beginn des Beitragsjahres das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sollen zusätzlich bis zu drei Jahre den Berufseinsteigerbonus in Höhe von 200 Euro erhalten.
Für jedes Kind soll zusätzlich jeder gesparte Euro mit 25 Cent Zulage gefördert werden. Die bisher starre Kinderzulage in Höhe von 300 Euro (beziehungsweise bei Kindern, die vor dem 1. Januar 2008 geboren wurden, 185 Euro) bei Zahlung eines Mindesteigenbeitrages wird dann abgeschafft. Das soll das Fördersystem vereinfachen und Sparanreize für die Bildung von Altersvorsorgevermögen setzen. Die Förderung von Sparern mit Kindern könnte künftig bis zu 300 Euro pro Kind (bei 1200 Euro Eigenanteil) betragen.
Die Immobilienfinanzierung
Investitionen in eine selbst genutzte Immobilie sollen weiterhin möglich sein - Letzteres ist auch bisher schon unter Auflagen möglich. Den Förderberechtigten werden zwei Fördermöglichkeiten eingeräumt. Zum einen kann das in einem Altersvorsorgevertrag aufgebaute Vermögen entnommen und für die Bildung von selbst genutztem Wohneigentum eingesetzt werden (Altersvorsorge-Eigenheimbetrag). Zum anderen können Tilgungsleistungen – wie andere Altersvorsorgebeiträge – steuerlich gefördert werden, wenn das zugrunde liegende Darlehen für eine selbst genutzte Wohnimmobilie eingesetzt wird (Tilgungsförderung).
Die Besteuerung
Sparer sollen weiterhin vom Sonderausgabenabzug profitieren können. Das Finanzamt prüft im Rahmen der Veranlagung, ob ein noch über den Zulageanspruch hinaus gehender Steuervorteil zusteht.
Besteuert werden die Leistungen aus den neuen Verträgen – wie bisher – nachgelagert während der Auszahlungsphase, denn dort ist der Grenzsteuersatz in den meisten Fällen niedriger als während des Erwerbslebens.
Die alten Riester-Verträge
Für Riester-Verträge, die vor dem 1. Januar 2026 abgeschlossen wurden, soll ein Bestandsschutz gelten. Wesentliche Verbesserungen wie der höhere Sonderausgabenabzugsbetrag in Höhe von 3500 Euro werden dann wirkungsgleich auf diese Bestandsverträge übertragen. Ein bestehender Riester-Vertrag muss nicht gekündigt werden. Es kann aber auch in einen Neuvertrag zu den neuen Konditionen inklusive der neuen Förderung gewechselt werden, ohne die Förderung zurückzahlen zu müssen. Dabei können allerdings Wechsel-, Abschluss- und Vertriebskosten anfallen, die gesetzlich gedeckelt werden sollen.
Der Übertrag aus einem anderen bestehenden Depot
Gefördert wird nur die jährliche Einzahlung, die auf einem Altersvorsorgedepot eingeht. Sprich, Vermögensanlagen aus einem anderen Depot müssten aufgelöst und auf das Altersvorsorgedepot eingezahlt werden, wobei hier die Förderhöchstgrenzen beachtet werden müssten.
Die Zulageberechtigten
Unmittelbar förderberechtigt sollen weiterhin insbesondere die Pflichtversicherten in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung, inländische Besoldungsempfänger und Pflichtversicherten gleichstehende Personen sein.
Freiwillig Versicherte in der gesetzlichen Rentenversicherung, Selbstständige, die nicht in der inländischen gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig sind, Minijobber, die sich auf Antrag von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen und Bezieher einer Vollrente wegen Alters sollen hingegen weiterhin nicht unmittelbar förderberechtigt sein.
Bei Verheirateten soll es weiterhin genügen, wenn eine Person die persönlichen Voraussetzungen für die steuerliche Förderung erfüllt. Ist dies der Fall, kann dann auch die Ehegattin beziehungsweise der Ehegatte die Zulagenförderung erhalten. Dies gilt auch für Lebenspartner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Diese sogenannten mittelbar Zulageberechtigten sollen wie bisher keinen eigenen Sonderausgabenabzugsbetrag erhalten, aber die Zulagen. Die Höhe der Zulagen richtet sich nach den Beitragszahlungen der unmittelbar förderberechtigten Ehegattinnen beziehungsweise Ehegatten.
Die Auszahlungsphase
Die Auszahlungsphase soll flexibler werden. Wer freiwillig und eigenverantwortlich vorsorgt, kann künftig in größerem Umfang selbst über die Auszahlungsphase entscheiden. Es soll zu Beginn der Auszahlungsphase zwischen zwei Möglichkeiten gewählt werden können:
A) eine lebenslange Leibrente, also eine bestimmte monatliche Rentenzahlung bis zum Tod und
B) ein befristeter Auszahlungsplan bis zum vollendenten 85. Lebensjahr, danach erfolgen keine weiteren Auszahlungen- hierdurch würde vor allem bei einem Wechsel von einer fondsgebundenen Riester-Rente in das neue Altersvorsorgedepot der Wechsel in ein teure Versicherung ab dem 85. Lebensjahr entfallen.
Bis zu 30 Prozent des zu Beginn der Auszahlungsphase zur Verfügung stehenden Kapitals kann wie bisher an den Altersvorsorgesparer außerhalb der monatlichen Leistungen unschädlich ausgezahlt werden.
Die Auszahlungsphase soll nicht vor Vollendung des 65. Lebensjahres oder einer vor Vollendung des 65. Lebensjahres beginnenden Leistung aus einem gesetzlichen Alterssicherungssystem gezahlt werden dürfen. Sprich, wer mit 63 in Rente geht, könnte dann auch ab diesem Zeitpunkt aus seinem Altersvorsorgedepot Zahlungen erhalten. Zudem soll es in der Auszahlungsphase möglich sein, in dafür vorgesehene - vermutlich weniger risikoreiche - Produkte umzuschichten. Dafür soll wohl ein "kostengünstiges Wechselrecht" geschaffen werden.
Die vorzeitige Auszahlung
Eine jederzeitige Auszahlung soll auch möglich sein – jedoch muss dann in vielen Fällen die bereits erhaltene Förderung zurückgezahlt werden. Die übrigen Rechte der Altersvorsorgesparer, den Vertrag ruhen zu lassen und zu wechseln, bleiben unverändert bestehen.
Die Bewertung der Redaktion
Die vorgeschlagenen Neuerungen für eine einfachere, kostengünstigere, flexiblere, transparentere und vor allem rentablere Altersvorsorge sind zu begrüßen - wenn auch längst überfällig. Unglücklich ist hingegen, dass der Personenkreis der Förderberechtigten nicht erweitert wurde. Gerade bei Selbstständigen hapert es oft an einer vernünftigen privaten Altersvorsorge. Zudem bleibt abzuwarten, welche Produkte zu welchen Konditionen tatsächlich zertifiziert werden und auch welche Kosten Banken und Versicherungen für ein Altersvorsorgedepot erheben.
Ungeachtet dessen würde es wohl auch nicht schaden, doch noch mal etwas mutiger den einen oder anderen grundsätzlichen Gedanken über die gesetzliche Rente zu verfolgen. Denn fiele diese für die Bürger üppiger aus, dann könnten die genannten Neuerungen bei der staatlich geförderten privaten Vorsorge weniger dringlich sein.