Kamen die Hunnen doch nicht aus Asien?

Die Hunnen versetzten Europa nach ihrem Einmarsch im Jahr 370 in Schrecken. Nun haben Forschende neue Hinweise zur Herkunft der kampfstarken Reiterkrieger gefunden. Sie deuten darauf hin, dass die Vorfahren der Hunnen anders als vermutet nicht aus den Steppen Asiens kamen, sondern überwiegend aus Europa, schreiben sie im Fachblatt »PNAS« .

Das Reich der Hunnen dehnte sich in Europa rasch aus, hatte aber nur kurz Bestand. Nach dem Tod ihres Anführers Attila im Jahr 453 zerfiel es rasch. Allerdings vertrieben die Hunnen auf ihren Zügen germanische Stämme und lösten so in der späten Antike eine Völkerwanderung aus, die den Kontinent für die folgenden Jahrhunderte bedeutend prägte.

Erbgut verglichen

Unter Fachleuten ist die Herkunft der Hunnen umstritten. Manche nehmen an, dass sie von mongolischen Reiternomaden, den Xiongnu, abstammen. Die Xiongnu kontrollierten einst große Landflächen in Zentralasien. Allerdings löste sich das Xiongnu-Reich um das Jahr 100 auf, also rund 300 Jahre, bevor die Hunnen in Europa auftauchten.

Für ihre Studie untersuchten die Forschenden die Überreste von 370 Menschen, die zwischen dem zweiten und dem sechsten Jahrhundert lebten. Ihre Gräber liegen in einem weiten Gebiet verteilt, von der mongolischen Steppe und Zentralasien bis zum Karpatenbecken, dessen Zentrum sich im heutigen Ungarn befindet. Einige der Stätten weisen typische Merkmale von Hunnengräbern auf, wie Pferdegeschirre als Grabbeigaben.

Kaum Hinweise auf Vorfahren in der Steppe

Die Forschenden verglichen spezielle Abschnitte im Erbgut der Menschen. Diese sogenannten IBD-Segmente (»identity-by-descent«) weisen auf gemeinsame Vorfahren hin. »Überraschenderweise hatten nur wenige dieser Individuen aus der Hunnenzeit in Europa gemeinsame IBD-Segmente mit einigen der ranghöchsten Mitglieder der kaiserlichen Elite des späten Xiongnu-Reiches«, sagt der Archäogenetiker Guido Alberto Gnecchi-Ruscone vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in einer Mitteilung .

Das Erbgut der meisten Menschen weist der Studie zufolge keine Spuren ostasiatischer Herkunft auf, sondern deutet auf eine Abstammung von lokalen osteuropäischen Volksgruppen hin. Zsófia Rácz, Ko-Erstautorin der Studie von der Eötvös-Loránd-Universität in Budapest, sagt: »DNA- und archäologische Funde zeigen ein Patchwork von Abstammungen, was eher auf einen komplexen Prozess von Mobilität und Interaktion als auf eine Massenmigration hindeutet.«

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