Elon Musks Staatszerstörer haben sich verrechnet
Gegen die Bürokratie schwingt der Tesla-Boss die Kettensäge. Fehler des MAGA-Kassenwarts und seiner Leute zeigen: Es geht nicht um Einsparungen, sondern etwas anderes.
Auf der konservativen Strategiekonferenz CPAC hat sich Elon Musk kürzlich mal wieder ein Denkmal gesetzt. Mit schwarzer Sonnenbrille, fetter Goldkette und MAGA-Basecap stolzierte er neben Argentiniens Präsident Javier Milei auf der Bühne herum wie ein Möchtegern-Rapper. Und nachdem der ihm sein Markenzeichen zum Geschenk gemacht hatte, röhrte Musk: "Das ist die Kettensäge für die Bürokratie! Aaaaaaah!"
Donald Trumps Chef-Berater für Regierungseffizienz musste eine Show abliefern. Zwei Billionen Dollar - ein Drittel des US-Haushalts - könne man einsparen, hat er im Wahlkampf getönt. Doch bis heute hat er außer Chaos, Massenentlassungen und einer Klagewelle kaum etwas vorzuweisen. Die angeblichen Spar-Erfolge, mit denen sich Musks Abteilung für Regierungseffizienz (Doge) brüstet, entpuppen sich bei Licht betrachtet als heiße Luft.
Die "Wand der Belege", eine Art öffentlicher Schaukasten aller Erfolge auf der Doge-Webseite, soll beweisen, wie viel Geld Musk und sein Team die Steuerzahler bislang gespart haben: angeblich 65 Milliarden Dollar. Dumm nur: Laut "New York Times" hat Musk seine fünf bislang größten Erfolge still und heimlich wieder löschen müssen, ohne jegliche Erklärung oder Kommentar.
Da wäre zum Beispiel eine angebliche Einsparung von 8 Milliarden Dollar bei der Einwanderungs- und Zollbehörde ICE. Wie sich herausstellte, hatte der gestrichene Auftrag aber nur ein Volumen von gerade mal 8 Millionen Dollar. Offenbar ging der Fehler zurück auf einen falschen Eintrag in der zugrundeliegenden Datenbank. Man hätte allerdings merken können, dass etwas nicht stimmt: Das gesamte Budget der Behörde ICE liegt bei 8 Milliarden Dollar.
Noch peinlicher war das, was bei drei angeblichen Einsparungen von 655 Millionen Dollar in der US-Entwicklungshilfeagentur USAID passierte: Sie wurden dreimal gezählt, obwohl es immer um ein- und dieselbe Kürzung ging. Zudem liegen die Einsparungen nicht annähernd so hoch, weil Musks Datenforscher einfach die Obergrenze des Kontrakts verbuchten, statt die tatsächlich angefallenen Ausgaben. Inzwischen gibt Doge die Kürzungen mit gerade mal 18 Millionen Dollar insgesamt an. Genauso wie bei der Kürzung eines Auftrags eines IT-Dienstleisters in der Sozialversicherung: Hier wurden aus angeblich 232 Millionen Dollar gerade mal 560.000 Dollar Einsparung.
Die Rache der Nerds
Hinzu kommt, dass sich Musks Truppe offenbar auch nicht zu schade ist, sich mit fremden Federn zu schmücken. Auf der Wand ihrer Taten rühmt sie sich für eine Kürzung von 1,9 Milliarden Dollar im US-Außenministerium. Die wurde aber schon im Herbst, noch unter der Biden-Regierung, beschlossen - als es Musks Doge-Team noch gar nicht gab.
Der Grund für die durchwachsene Performance liegt vielleicht darin, dass viele von Musks Vollstreckern Techies Anfang 20 sind, die nicht nur "nicht alt genug sind, um ein Auto zu mieten", wie es Hillary Clinton ausdrückte, sondern auch schlicht keinerlei Ahnung davon haben, wie die US-Regierung funktioniert. Seine Anhänger bestaunen dagegen ehrfürchtig, wie genial und klug seine Leute angeblich sind. Der 31-jährige konservative Aktivist Charlie Kirk nannte Musks Nerds "junge Wunderkinder" und "All-Stars", deren IQ "jeden Rahmen sprengt".
Die meisten von ihnen sind handverlesene Ex-Mitarbeiter und Referenten aus Musks Firmen: Programmierer Edward Coristine von Neuralink, der erst im vergangenen Jahr die 12. Klasse abgeschlossen hat. Luke Farritor, ein preisgekrönter 23-jähriger IT-Student und Ex-SpaceX-Praktikant oder Marko Elez, ein 25-jähriger KI-Spezialist, der für Musk bei SpaceX, Starlink und X gearbeitet hat und am Zahlungssystem des US-Finanzministeriums herumbastelte. Er trat angesichts rassistischer Posts zurück und nach Intervention von US-Vizepräsident JD Vance wurde er prompt wiedereingestellt. Musk selbst sieht in der Jugend seiner Mitarbeiter einen Vorteil: "Junge Leute bringen eine Kraft der Neugier und Kreativität mit, die den Status quo durcheinanderwirbeln kann. Wenn wir es ernst meinen, Verschwendung bei den Staatsausgaben zu verringern, dürfen wir frischen Geist nicht abschrecken."
Doch im Doge-Team zählen blinder Gehorsam und fanatischer Glaube an Musk und die Mission offenbar weit mehr als anderes. Das sagen nicht nur Musks Kritiker, sondern einige Doge-Mitarbeiter selbst: 21 von ihnen haben aus Protest hingeschmissen. Sie weigerten sich, ihr technisches Know-how dafür anzuwenden, "zentrale Regierungssysteme zu kompromittieren, die sensiblen Daten von Amerikanern in Gefahr zu bringen oder kritische öffentliche Dienste auseinanderzunehmen." Viele von Musks Gefolgsleuten seien politische Ideologen ohne notwendige Kenntnisse oder Erfahrungen.
Offenkundig geht es bei Musks Effizienz-Initiative also nicht nur ums Sparen. "Move fast and break things" - mit dem Schlachtruf des Silicon Valley reitet der Tesla-Boss zur Attacke gegen den Staat. Dabei verfolgt er möglicherweise einen Umsturzplan zur Übernahme der Regierung, den reaktionäre Vordenker offenbar schon vor Jahren entwickelt haben und der darin besteht, so viele Regierungsmitarbeiter wie möglich zu entlassen und durch Trump-Loyalisten zu ersetzen.