Tanken und Heizen könnten drastisch teurer werden
Mit dem neuen europäischen Emissionshandel für den Gebäude- und Verkehrssektor drohen Privatleuten spürbare Preisanstiege. So prognostiziert der Datenanbieter BloombergNEF, dass der Ausstoß einer Tonne CO₂ in dem neuen System im Jahr 2030 bis zu 149 Euro kosten dürfte. Weltweit wird es demnach keinen höheren CO₂-Preis geben als den, den Haushalte und kleine Gewerbebetriebe von 2027 an in der EU bezahlen sollen.
BloombergNEF zufolge könnten die Preise für Benzin und Diesel mit dem neuen Emissionshandel um 22 bis 27 Prozent steigen, die Kosten für das Heizen mit Erdgas oder Öl gar um 31 bis 41 Prozent. Bereits zuvor hatte auch der ADAC einen deutlichen Anstieg der Spritpreise von 2027 an prognostiziert.
Bislang gibt es europaweit nur einen Emissionshandel (»ETS 1«) für Kraftwerke, energieintensive Industriezweige sowie die Luft- und Schifffahrt. Diese Branchen müssen Zertifikate für ihre Treibhausgasemissionen kaufen. Da tendenziell immer weniger Emissionsrechte auf den Markt kommen, gibt der Preis von derzeit etwa 67 Euro je Tonne den Unternehmen einen Anreiz, auf klimaschonende Technologien umzurüsten.
Anreiz zum Umstieg auf E-Autos und Wärmepumpen
2027 soll zudem der »ETS 2« anlaufen, der zunächst die Lieferanten von Benzin und Diesel, Erdgas und Heizöl betrifft; es ist allerdings davon auszugehen, dass die Anbieter die Kosten an ihre Kundschaft weitergeben dürften. Privathaushalte hätten damit – analog zu den Unternehmen im »ETS 1« – einen Anreiz, zum Beispiel auf Elektroautos oder Wärmepumpen umzusteigen und damit Emissionen einzusparen. Dabei gilt grundsätzlich: Je langsamer der klimagerechte Umbau vorankommt, desto höher ist die Nachfrage nach Zertifikaten – und damit tendenziell auch deren Preis.
Bereits seit 2021 gilt in Deutschland ein nationaler CO₂-Preis im Gebäude- und Verkehrssektor. Seine Höhe bemisst sich allerdings nicht am europaweiten Zusammenspiel aus Angebot und Nachfrage, sondern wurde vom Bund anfangs auf 25 Euro je Tonne festgelegt. Mittlerweile ist der Preis in drei Schritten auf 55 Euro gestiegen. Die Einnahmen fließen in den Klima- und Transformationsfonds, mit dem der Staat unter anderem den Einbau von Wärmepumpen oder den klimagerechten Umbau der Industrie fördert.
Der aktuelle CO₂-Preis verteuert beispielsweise den Liter Benzin um etwa 13 Cent, den Liter Diesel um 15 Cent (siehe Grafik).
Für die Zukunft mit dem »ETS 2« und absehbar steigenden CO₂-Preisen gibt es unterschiedliche Ansätze, in welcher Form der Staat die zusätzlichen Einnahmen den Menschen zurückgeben kann. Die Union sprach sich im Bundestagswahlkampf dafür aus, primär die Stromsteuer und Netzentgelte zu senken. Im SPD-Wahlprogramm heißt es vage, man wolle durch geeignete Maßnahmen »dafür Sorge tragen, dass niemand überfordert wird«. Die SPD erwähnt beispielhaft das sogenannte Klimageld, also eine Rückzahlung der Einnahmen an die Haushalte.
Die prognostizierten Preisanstiege führen allerdings auch dazu, dass erste EU-Mitgliedstaaten Widerstand gegen das neue Handelssystem angemeldet haben. So fordert beispielsweise Tschechien, den Start des »ETS 2« um mindestens ein Jahr zu verschieben . Die Umweltziele sollten sich »nicht negativ auf die gesamte Wirtschaft auswirken«, so das Argument.