Ärmere Haushalte bezahlen fast die Hälfte ihres Einkommens für Miete
In den vergangenen Jahrzehnten sind die Mieten im Schnitt für alle teurer geworden. Dabei sind Menschen mit niedrigeren Einkommen allerdings um ein Vielfaches stärker von den Preissteigerungen betroffen als Mieter mit einem höheren Verdienst. Das geht aus einer Langzeitstudie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung für die Jahre 1990 bis 2020 hervor, die am Donnerstag in Wiesbaden veröffentlicht wurde. Migrantinnen und Migranten waren hiervon überdurchschnittlich betroffen.
Menschen im oberen Fünftel der Einkommensverteilung wendeten der Studie zufolge im Jahr 2020 etwa 18 Prozent ihres Einkommens für die Miete auf. Bei einheimischen Mietern seien dies zwei Prozentpunkte mehr als 1990. Bei einkommensstarken Menschen mit Migrationsgeschichte betrage die Zunahme drei Prozentpunkte. Insgesamt blieb die Belastung also weitgehend stabil.
Mieter, die zum unteren Fünftel der Einkommensverteilung zählen, wendeten hingegen 2020 durchschnittlich 44 Prozent ihres Einkommens für Miete auf. Das ist eine Steigerung von zwölf Prozentpunkten gegenüber 1990. Der Anstieg war hier also wesentlich steiler.
Bei Menschen dieser Einkommensgruppe und Herkunft im Ausland betrug der Anteil der Mietkosten an den Einnahmen 2020 laut der Studie sogar 45 Prozent. Auch die Zunahme seit 1990 fiel hier mit plus 21 Prozentpunkten noch stärker aus.
Kritischer EU-Richtwert überschritten
»Damit überschreiten viele Personen die kritische Grenze der Europäischen Union, die ab einem Mietanteil von 40 Prozent von Mietkostenüberbelastung spricht«, erklärte dazu der Studienautor Nils Witte. Einheimische seien bereits seit Mitte der Neunzigerjahre in den Bereich der Mietkostenüberbelastung gerutscht, aus dem Ausland Zugewanderte im vergangenen Jahrzehnt.
Als Grund für den gestiegenen Mietkostenanteil am Einkommen nennt die Studie in erster Linie die Entwicklung der Mietpreise. Menschen mit Neuverträgen seien davon stärker betroffen als langjährige Mieterinnen und Mieter. Deshalb bekämen insbesondere Zugewanderte die Preisentwicklung zu spüren.
Hinzu kommen laut der Studie jedoch auch wachsende Einkommensungleichheiten, die die Problematik zusätzlich verschärften. »So sind hohe Einkommen während der letzten drei Jahrzehnte real um etwa ein Drittel angewachsen. Dagegen mussten Menschen mit geringen Einkommen Realeinkommensverluste von einem Fünftel hinnehmen«, erklärte das Institut.