Und plötzlich fährt der Viererbob über blanken Beton
»Das kann einfach nicht sein, wenn wir hier auf einem Weltniveau Sport machen wollen«, schimpfte der deutsche Bob-Pilot Johannes Lochner am ZDF-Mikrofon: »Es ist in dem Sinne beschissen, weil wir hier als Ausweichort für Olympia im Gespräch sind.«
Der Grund für seinen Zorn: blanker Beton im Eiskanal von Lake Placid, der schlussendlich zu einem Rennabbruch bei der Viererbob-Weltmeisterschaft geführt hat.
Schmelzendes Eis
Was war passiert? Nach einem regulären ersten Lauf im Vierer waren die Temperaturen im US-Bundesstaat New York am Freitag weiter gestiegen, Lochner, nach Lauf eins auf Rang zwei liegend, fiel mit einem völlig verkorksten zweiten Durchgang scheinbar weit zurück. Dann stellte sich heraus, dass Lochner mit seinen Anschiebern Florian Bauer, Jörn Wenzel und Georg Fleischhauer bei schmelzendem Eis in Kurve fünf über Beton gefahren war und sich »die ganze hintere Kufe« ramponiert hatte.
Die Jury entschied, dass Lochner noch mal fahren darf, woraufhin das deutsche Team aufgrund der langen Wartezeit und des beschädigten Bobs von Lochner erfolgreich Protest einlegte. Nach langer Beratung wurde der zweite Lauf annulliert.
Kurios: Lochner hatte zuvor beim Start seinen Bob auch selbst beschädigt, wie auf Fotos und TV-Bildern zu sehen war. »Am zweiten Start bin ich, warum auch immer, mit meinem Fuß durch die Haube durch«, sagte Lochner später im ZDF.
Friedrich nach einem Lauf vorn
Ein Jahr vor Olympia im italienischen Cortina d’Ampezzo schürt der Vorfall Sorgen bei den Athletinnen und Athleten. Für den Fall, dass die im Neubau befindliche Bahn nicht pünktlich zu den Winterspielen (6. bis 22. Februar 2026) fertig wird, wurde der Eiskanal in Lake Placid vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) als Ausweichort bestimmt.
»Wenn du hier nicht mal eine WM runterkriegst, geschweige denn einen Weltcup«, sagte Lochner, »das kann einfach nicht sein.«
»Das muss man hinnehmen«
Auch Dominator Francesco Friedrich ärgerte sich über die Bahn, betonte aber: »Wir sind natürlich eine Outdoor-Sportart. Man muss immer damit rechnen und als Profisportler immer davon ausgehen, dass nicht immer alles optimal läuft. Das muss man hinnehmen.«
Gesamtweltcupsieger Friedrich, der in der Vorwoche bereits den WM-Titel im Zweier gewonnen hatte, hatte mit seinen Anschiebern Matthias Sommer, Alexander Schüller und Felix Straub im ersten Lauf seine ganze Klasse gezeigt und führt 0,29 Sekunden vor Lochner. Auf Rang drei liegt Brad Hall aus Großbritannien direkt vor dem dritten deutschen Fahrer Adam Ammour.
Die WM-Läufe drei und vier am Samstag ab 13 Uhr (MEZ) sollen planmäßig stattfinden.
Johannes Lochner (r.) und Francesco Friedrich im Januar 2023 in St. Moritz
Foto: Robert Michael / dpa