Europas Topklubs müssen bald Mainz auf der Karte suchen
Alles Rote zum Geburtstag: Am morgigen Sonntag feiert der 1. FSV Mainz 05 seinen 120. Geburtstag. Dominik Kohr gratulierte auf seine Weise. Der rustikale Mainzer Defensivspieler wusste sich in der 43. Minute nur mit einer Notbremse zu helfen und flog zum siebten Mal in seiner Bundesligakarriere vom Platz. Nur die Kollegen Luiz Gustavo und Jens Nowotny schafften es noch einmal mehr. War der Feiertag für die 05er damit versaut? Ja. Und nein.
Toppartie bizarr: Wenn am 26. Spieltag der Dritte auf den Fünften trifft, dann hätte man vor Saisonbeginn sicherlich nicht an die Begegnung 1. FSV Mainz 05 gegen SC Freiburg gedacht. Doch während die Großkopferten wie Leipzig, Dortmund oder Stuttgart schwächeln, treiben die Trainer Bo Henriksen und Julian Schuster ihre Teams zu unerwarteten Punktezahlen. Champions League in Mainz oder Freiburg? Es wäre für beide ein Novum.
Jonny B. Goode: »Go Johnny, go, go«, schrieb Chuck Berry vor 70 Jahren in einem der großen Klassiker des Rock ’n’ Roll. Als Rock ’n’ Roll kann man getrost auch die bisherige Saison des Mainzers Jonathan »Jonny« Burkardt bezeichnen. Im Oktober 2024 gab er sein Debüt in der Nationalmannschaft, gegen Freiburg erzielte er in seinem 22. Einsatz in dieser Bundesligaspielzeit seinen 15. Treffer.
Spitzenspiel? Spitzenteams! Dem Führungstreffer von Burkardt setzte der eingewechselte Michael Gregoritsch das 1:1 entgegen (58.). Doch in Unterzahl gingen die 05er erneut in Führung: Andreas Hanche-Olsen, ebenfalls neu im Spiel, köpfte zum 2:1 ein (74.). Den Schlusspunkt setzte Joker Nummer drei, Lukas Kübler (79.).
Jagd auf Timo Hildebrand: Der ehemalige Torhüter des VfB Stuttgart hält den Rekord für die meisten Bundesligaminuten in Folge ohne Gegentor: 884 Minuten waren es von Mai bis Oktober 2003. Vor diesem Spieltag durften sich gleich zwei Torhüter näher mit diesem Rekord beschäftigen. Freiburgs Noah Atubolu musste allerdings nach 609 Minuten wieder hinter sich greifen. Und was machte Augsburgs Finn Dahmen? Er parierte mehrfach glänzend und steht nun bei 614 Minuten ohne Gegentor.
Olaf Marschall revisited: Mitte der Neunzigerjahre wurde Kaiserslauterns Olaf Marschall der bekannteste Nasenpflasterträger der Liga. Als Anti-Schnarchhilfe unter dem Namen »Breathe right« von der britischen Pharmafirma GlaxoSmithKline 1993 auf den Markt gebracht, verschwand das kuriose Utensil so schnell, wie es gekommen war. Doch siehe da, Augsburgs Phillip Tietz lässt das Pflaster ein überraschendes Comeback erleben. Mit selbigem auf der Nase und einer nicht minder gewagten Frisur brachte er den FCA 1:0 gegen den VfL Wolfsburg in Führung. Das genügte, unter anderem dank Dahmen.
Urbig kostet Bayern den Sieg: Bayerntrainer Vincent Kompany rotierte gegenüber dem Zehn-rein-zehn-Raus gegen den VfL Bochum in der Vorwoche (2:3) dosiert. Das zahlte sich aus. Sein Team war 90 Minuten lang drückend überlegen und sah nach dem 1:0 durch Leroy Sané (75.) wie der sichere Sieger aus. Doch Kompanys Widerpart Steffen Baumgart, wegen einer Gelbsperre nur Tribünengast, durfte doch noch jubeln: Bayerntorhüter Jonas Urbig faustete eine harmlose Flanke von Josip Juranović vor die Füße von Benedict Hollerbach, der aus fünf Metern einschob (83.).
Schludernd durch die Liga: Mag sein, dass bei acht Punkten Vorsprung auf Verfolger Bayer Leverkusen die Meisterschaft bei den Bayern schon eingepreist ist, womöglich ist der Fokus auch schon zu sehr auf die Champions League gerückt. Aber ein Punkt aus zwei Duellen mit Abstiegskandidaten wie Bochum und Union Berlin ist für den Rekordmeister doch ein bisschen arg wenig. Wenn Bayer morgen Abend (19.30 Uhr/TV: Dazn) gewinnt, sind es nur noch sechs Punkte Differenz. Und aufgepasst: Nach der Länderspielpause wartet mit dem FC St. Pauli (29. März, 15.30 Uhr/TV: Sky) das nächste Kellerkind auf die Münchner.
»Projekt 3000« scheitert gegen Angstgegner: 2997 Bundesligapunkte hat der SV Werder bislang gesammelt, den Schritt zu 3000 verhinderte wie erwartet Borussia Mönchengladbach. Gerade eines der letzten 16 Duelle konnten die Bremer gegen die Gäste gewinnen und die Fortsetzung der Serie schien dank zweier früher Tore durch Alassane Pléa (7. Foulelfmeter und 28.) ungefährdet. Den Strafstoß verursachte ausgerechnet Miloš Veljković, dessen Wechsel im Sommer zu Roter Stern Belgrad erst in der vergangenen Woche publik wurde. Doch Werder kam durch Romano Schmid (38.) und André Silva (45.+1, Foulelfmeter) zurück. Gladbach war es egal: Erneut Pleá (47.) und Tim Kleindienst (81.) erhöhten auf 4:2. Kleindienst sah noch Gelb-Rot in der Nachspielzeit.
Und es war mal wieder VAR: Der Fußball und die zunehmende Gerechtigkeit, es bleibt ein angespanntes Verhältnis. Gladbachs Lukas Ullrich rempelte Issa Kaboré, der auf dem Weg aus dem Strafraum war, es gab Freistoß. Doch es meldete sich der Kölner Keller und korrigierte auf Strafstoß. Selbst wenn Kaboré noch mit einem Zentimeter auf dem äußersten Rand der Strafraumumrandung gestanden haben sollte, war das Interventionskriterium »klare Fehlentscheidung« in keinem Fall gegeben. Zum Glück blieb der Ausgang des Spiels davon unbeschadet.
Phillip Tietz lässt die Neunziger wiederauferstehen
Foto: kolbert-press / Christian Kolbert / IMAGOBenedict Hollerbach überwindet Jonas Urbig
Foto: Andreas Gora / dpaAlassane Pléa ist erst der zweite Spieler der Bundesligageschichte nach Karl-Heinz Rummenigge, der auswärts zweimal gegen den gleichen Gegner einen Hattrick erzielen konnte
Foto: kolbert-press / Burghard Schreyer / IMAGO