Laschet: Aktuelle Debatten "können CDU und SPD vereinen"
Auf CDU/CSU und die SPD könnten bald viele Verhandlungen zukommen. Bei Maischberger sitzen nun zwei einst führende Politiker der Parteien. Sie geben sich zuversichtlich - wenn es da nur nicht ein Problem mit dem Haushalt gäbe.
Nach der Wahl stehen die Zeichen auf Große Koalition. Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz hat bereits erste Gespräche mit der SPD-Spitze geführt. Er will bis Ostern eine tragfähige Regierung zusammenbekommen. Doch hat er einen großen Vertrauensverlust aufzuarbeiten, nachdem die Union im Bundestag für die Zustimmung zu einem Entschließungsantrag die Stimmen der AfD in Kauf genommen hat. Wie es nun weitergehen könnte, will am Dienstagabend Sandra Maischberger im Ersten von zwei ehemaligen Politikgrößen wissen. Sie hat sich den Ex-SPD-Chef Sigmar Gabriel und den einstigen Unions-Kanzlerkandidaten Armin Laschet eingeladen.
Er habe bei dem Antrag und dem anschließenden Gesetz mitgestimmt, sagt Laschet. Ob der Schritt von Merz falsch war, will er nicht bewerten. "Es hat jedenfalls mobilisiert", sagt er. "Das hat die Linke noch mal erweckt." Das dürfte freilich nicht die Intention von CDU-Chef Friedrich Merz gewesen sein.
"Es hat mit Sicherheit erst einmal seine Gegner mobilisiert", sagt auch Sigmar Gabriel. Viele Demonstranten hätten Merz anschließend vorgeworfen, er wolle gemeinsame Sache mit der AfD machen. Das sei absurd, so Gabriel. Die Abstimmung mit der AfD habe die Union unter 30 Prozent der Wählerstimmen gebracht.
Gabriel sagt aber auch: "Bei mir gibt es zwei Seelen in der Brust. Wissen Sie, dem Olaf Scholz hat man immer vorgeworfen, der sagt nichts und der macht nichts. Und jetzt macht da mal einer was und traut sich was, und nun ist das auch wieder alles falsch." Merz sei für seine Politik eingestanden und habe ein Risiko auf sich genommen. So etwas könne immer nach hinten losgehen, wie das Vorgehen der Union bewiesen hätte. Gabriel hätte sich gewünscht, Union und SPD hätten sich schon Monate vorher in der Migrationspolitik abgestimmt. "Das hätte der AfD ordentlich Wind aus den Segeln genommen."
Laschet: Alternative zur GroKo "gibt es nicht"
Warum die CDU die 30 Prozent Wählerstimmen nicht gerissen hat, weiß Laschet nicht. Gabriel ist da deutlich klarer, was das schlechte Abschneiden der SPD betrifft: "Da ist nicht nur ein Fehler", so Gabriel. Die SPD habe sich zu wenig um arbeitende Menschen gekümmert und keine wirtschaftspolitische Kompetenz gezeigt. Industrie- und Wirtschaftspolitik bedeute nicht, dass man mit Geld um sich schmeißen solle.
Maischberger möchte zunächst von Armin Laschet wissen, wie er sich die Zukunft vorstellt. "Jetzt wissen beide, wir müssen mit dem jeweils anderen gehen. Eine Alternative gibt es nicht. Und deswegen müssen jetzt alle mal verbal abrüsten, finde ich, einfach runterkommen und sich dieser Verantwortung bewusst sein."
Die Union habe ein klares Problem: Sie sei in Ostdeutschland noch schlechter geworden als vor drei Jahren. In den Arbeitervierteln in Nordrhein-Westfalen habe die SPD deutlich verloren, die AfD sei stärker geworden. "Deswegen kann das eine gemeinsame Anstrengung sein, zu sagen: Wir bringen Ordnung in die Migration, wir kümmern uns wieder um die Industriearbeitsplätze und um das, was das Land stark gemacht hat. Das kann CDU und SPD vereinen."
Den Akteuren, die nun miteinander verhandeln müssen, traue er das zu, sagt Laschet. "Friedrich Merz hat außerhalb der Politik gelernt, also im Leben, wie man Kompromisse macht und wie man ergebnisorientiert arbeitet. Und ich wünsche mir, dass er das mit in sein neues Amt hineinbringt."
Großes Rätsel um Verteidigungsabstimmung
Vor der neuen Regierung liegt zunächst eine schwer zu lösende Aufgabe: ein mögliches Sondervermögen für die Bundeswehr in Höhe von 200 Milliarden Euro. Mehrere Unionspolitiker haben inzwischen den Vorschlag gemacht, dass dies der Bundestag in seiner alten Besetzung noch leisten könne. In einem neuen Bundestag könnten die AfD und die Linke einen solchen Schritt mit ihrer Sperrminorität verhindern.
"Die Frage ist: Wie kann man das Prinzip Schuldenbremse, das Nachhaltigkeit auch für künftige Generationen sichern sollte, erhalten, sich aber trotzdem auf die Kernbereiche verständigen", fragt Laschet. Einer dieser Kernbereiche sei die Verteidigungspolitik. Und hier würde die Linke nicht mitmachen. Da es jedoch in diesem Bereich eine "Eilbedürftigkeit" gebe, weil möglicherweise die Friedensgespräche für die Ukraine laufen könnten, bevor ein neuer Kanzler im Amt ist, sei es keine schlechte Idee, den Bundestag in seiner alten Besetzung abstimmen zu lassen. "Ich bin nur nicht sicher, ob es dafür im alten Bundestag eine Zweidrittel-Mehrheit gäbe, denn die Grünen wollen natürlich auch mehr als Rüstung."
Gabriel weist darauf hin, dass man die Schuldenbremse für ein Rüstungs-Sondervermögen gar nicht reformieren müsse. Tatsächlich sei in den entsprechenden Gesetzen in diesem Fall die Erklärung einer Notlage vorgesehen, mit der man die Schuldenbremse aussetzen kann. Trotzdem könnte es hierzu schon einen Koalitionsstreit geben, bevor die Koalition überhaupt gebildet ist.