Hier stehen Europas Truppen und Atomwaffen
US-Präsident Donald Trump rüttelt an transatlantischen Grundfesten und liebäugelt mit einem Austritt aus der Nato. Die Zeiten, in denen sich die Europäer auf die Vereinigten Staaten als Schutzmacht verlassen konnten, sind vorbei. Wo in Europa sind bisher Truppen und Nuklearwaffen stationiert? Ein Überblick mit Karten, Fakten und Satellitenbildern:
Die nationale Truppenstärke der einzelnen Länder
Innerhalb der Europäischen Union ist Polen der Spitzenreiter bei der nationalen Truppenstärke. 216.100 Soldaten zählt Polens Armee. Seit 2014 hat sich die Zahl der Soldaten mehr als verdoppelt, insgesamt sind 117.100 dazugekommen. Dicht darauf folgt Frankreich mit insgesamt 204.700 Mann. Allerdings ist die Zahl der französischen Streitkräfte leicht zurückgegangen: Zehn Jahre zuvor zählte das Heer noch 207.000 Soldaten.
Deutschland steht den Nato-Daten zufolge an dritter Stelle mit 185.600 aktiven Militärs - wobei die Nato hier noch mit vorläufigen Angaben für 2024 operiert. Innerhalb von zehn Jahren kamen demnach 6800 Kräfte hinzu. Die Bundeswehr selbst gibt die Personalstärke in Heer, Luftwaffe und Marine aktuell mit insgesamt 182.857 Soldaten an. Hinzu kommen noch 80.973 zivile Mitarbeiter.
Das kleine Land Luxemburg ist europaweit das Schlusslicht: Nur 900 Kämpfer umfasst sein Militär, zehn Jahre zuvor waren es 100 weniger. Die Türkei ist zwar kein EU-Mitgliedstaat, stellt aber alle anderen europäischen Länder in den Schatten - mit einer Truppenstärke von 481.000 Soldaten. 2014 waren es noch 426.600.
Von den USA stationierte Truppen in europäischen Ländern
Zu den nationalen Streitkräften der europäischen Nato-Staaten kommen die von den USA stationierten Truppen in den Ländern hinzu. Seit Ende des Zweiten Weltkriegs sind sie ein wichtiger Bestandteil der US-Verteidigungsstrategie in Europa. Und seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 haben die Amerikaner unter der Regierung von Trumps Amtsvorgänger Joe Biden mehr Soldaten nach Europa entsandt; unter anderem nach Polen, Rumänien und Bulgarien.
Die meisten US-Soldaten in Europa gibt es in Deutschland, insgesamt rund 39.000. Drei weitere große Kontingente an US-Truppen gibt es jeweils in Polen mit 14.000, in Italien mit 12.600 sowie in Großbritannien mit 10.000 Mann. Schlusslichter sind hier Ungarn und die Slowakei mit jeweils 150 US-Soldaten. In vielen Ländern der EU haben die Vereinigten Staaten - abgesehen von den US-Marines im Objektschutz für Botschaften und Konsulate - gar keine Truppen stationiert.
Die US-Militärstützpunkte Deutschland
Es gibt insgesamt mindestens 21 US-Militärstützpunkte in Deutschland. Wie strategisch bedeutend Deutschland für die Vereinigten Staaten ist, zeigt sich daran, dass dort fünf von insgesamt sieben Garnisonen der US-Armee in Europa angesiedelt sind. Sie werden von den Amerikanern dazu genutzt, Truppen zu stationieren, Ausrüstung zu lagern und militärische Operationen durchzuführen.
Bedeutend ist etwa das Hauptquartier des US European Command (USEUCOM) in Stuttgart. Es ist für die Planung und Durchführung von Operationen in einer Region verantwortlich, die von Westeuropa bis nach Zentralasien reicht. Weitere Garnisonen befinden sich in Grafenwöhr, Vilseck, Kaiserslautern und in Ramstein.
Satellitenbild der Ramstein Air Base
Die Ramstein Air Base in Rheinland-Pfalz ist der wichtigste US-Luftwaffenstützpunkt in Europa. Der riesige Militärflughafen beherbergt unter anderem ein Nato-Hauptquartier zur Führung von Luftstreitkräften und eine Nato-Kommandobehörde. Zudem ist Ramstein die Drehscheibe für den Transport von Truppen und Material zwischen den USA, Europa, dem Nahen Osten und Afrika.
Der US-Stützpunkt Ramstein spielt mit dem nahegelegenen US-Militärkrankenhaus am Standort Landstuhl eine wichtige Rolle bei der Evakuierung sowie der medizinischen Versorgung verwundeter US-Soldaten. Das Lazarett dort ist die größte medizinische Einrichtung des US-Militärs außerhalb der USA. In unmittelbarer Nähe befinden sich mehrere größere US-Kasernen wie etwa in Kaiserslautern sowie mindestens ein größeres Munitionsdepot am Standort Miesau.
Satellitenbild der Spangdahlem Air Base
Die zweite Air Base der US-Armee in Deutschland liegt in Spangdahlem in der Rheinland-Pfalz. Spangdahlem ist die Heimatbasis des 52. Jagdgeschwaders der US-Luftwaffe, das mit F-16-Kampfjets ausgerüstet ist. Diese Jets können für Luftangriffe, Luftverteidigung und Unterstützungsmissionen eingesetzt werden. Als mögliche Alternative zu Einsätzen in der Ramstein Air Base ist auch die Spangdahlem Air Base ein logistischer Knotenpunkt für Truppentransporte, Versorgungslinien und verschiedene Operationen.
Die Atomwaffen-Stützpunkte in Europa
Auf der Karte sieht man die Standorte der britischen Atomwaffen in Dunkelrot, des französischen Nukleararsenals in Hellrot und der US-Atombomben in Blau. Die exakte Anzahl sowie die Standorte der in Europa stationierten Atomwaffen hält die Nato geheim. Es handelt sich um vermutete Stationierungsorte, die über speziell geschützte Einrichtungen zur Bereitstellung von Atomwaffen verfügen.
Innerhalb der Nato kommt den USA bislang die Rolle einer nuklearen Schutzmacht für Staaten wie Deutschland zu, die kein eigenes Atomwaffenarsenal besitzen. Experten gehen davon aus, dass die USA zirka 100 Atombomben in Europa bereithalten, etwa 20 davon sollen auf dem deutschen Fliegerhorst Büchel lagern. Weitere US-Sprengköpfe - oder zumindest vorbereitete Spezialbunker - befinden sich auf dem Gelände der Militärflugplätze Kleine Brogel in Belgien, Aviano und Ghedi in Italien, Volkel in den Niederlanden sowie Incirlik in der Türkei.
Satellitenbild des Munitionsdepot Coulport
Großbritannien besitzt eigene Atomwaffen, ihre Zahl wird auf 225 geschätzt. Die Atommacht lagert einen Teil ihrer Sprengköpfe vermutlich im Munitionsdepot Coulport in Schottland. Die aufwändig abgesicherte Anlage liegt auf einer abgelegenen Halbinsel unweit der britischen Marinebasis Faslane, Heimathafen der britischen Atom-U-Boot-Flotte.
Weitere Sprengköpfe werden am Luftwaffenstützpunkt Lakenheath vermutet. Dort sind unter anderem auch britische Kampfjets vom Typ F-35 stationiert, die in den Nato-Plänen für den Ernstfall als Atomwaffen-Träger vorgesehen sind. Am Standort Burghfield südwestlich von London befindet sich das britische Nuklearzentrum, wo Sprengköpfe und Trägerraketen weiterentwickelt werden.
Satellitenbild des Fliegerhorst Büchel
Während des Kalten Krieges haben die USA laut einem Bericht des "Spiegel" ohne die Zustimmung Deutschlands in großem Stil Atombomben in der Bundesrepublik gelagert. So sollen zeitweise bis zu 5000 US-Nuklearwaffen in Deutschland deponiert gewesen sein. Die Lagerung ist nach Angaben des Magazins mit Nato-Verbündeten vereinbart worden, ohne die damalige Bonner Regierung zu informieren. Nur noch schätzungsweise 20 dieser Nuklearwaffen sind übrig geblieben. Sie lagern mutmaßlich im Fliegerhorst Büchel in Rheinland-Pfalz - wo genau, ist weiterhin streng geheim.
Im Rahmen der nuklearen Teilhabe könnten deutsche Tornado-Kampfflugzeuge diese Waffen im Ernstfall transportieren und einsetzen. Die Entscheidung, wann sie zum Einsatz kommen, liegt in den Händen des amtierenden US-Präsidenten. Deutschland hat ein Vetorecht. Im Satellitenbild oben sind Bunkeranlagen am Standort Büchel rot markiert. In den geschützten Unterständen können Kampfflugzeuge mit Waffen aller Art ausgerüstet werden und anschließend binnen Minuten nach der Alarmierung zur Startbahn rollen.
Satellitenbild vom Centre d'Études de Valduc bei Dijon
Frankreich verfügt über ein Arsenal von schätzungsweise 290 Sprengköpfen, verteilt auf mindestens sechs Standorte. Auch das französische Militär hält die Standorte seiner Atomwaffen streng geheim. Als ein möglicher Lagerort wird das Centre d'Études de Valduc gehandelt.
Die hermetisch abgeriegelte Anlage liegt etwa 30 Kilometer nordwestlich von Dijon. Betrieben wird das Forschungszentrum vom Commissariat à l'énergie atomique et aux énergies alternatives (CEA), der französischen Behörde für Atomenergie. In der Anlage in Valduc könnten französische Atomwaffen gewartet, modernisiert und weiterentwickelt werden. Aus Gründen der Geheimhaltung ist die Anlage in öffentlich verfügbaren Satellitenbildern durchgehend leicht verpixelt.
Die europäische Verteidigungspolitik beruhte bislang auf dem transatlantischen Bündnisgedanken und dem Beistand der militärischen Supermacht USA. Das Konzept der nuklearen Teilhabe sollte den Schutzschirm des US-Militärs auf Europa ausweiten, zusammen mit der Lagerung taktischer US-Atombomben in Europa sowie durch die Stationierung von US-Truppen auf dem alten Kontinent.
Was passiert, wenn sich die USA aus Europa zurückziehen? Durch ihr Weißbuch zur europäischen Verteidigung fördert die EU-Kommission schon jetzt den Aufbau eines Binnenmarktes der europäischen Rüstungsindustrie. Doch auch an anderer Stelle besteht dringender Handlungsbedarf: Die Europäer sind abhängig von der Luftraumverteidigung, Satellitenkommunikation und den Geheimdienstinformationen der USA.
Vor allem aber nehmen Diskussionen über den massiven Ausbau der europäischen Verteidigungsfähigkeiten sowie einen gemeinsamen europäischen Atomschutzschirm an Fahrt auf, auch in Deutschland. In Berlin diskutieren Union und SPD in den Koalitionsverhandlungen darüber, welche Art von Wehrpflicht sie einführen wollen. Zudem kündigte CDU-Chef und Kanzlerkandidat Friedrich Merz bereits an, mit den europäischen Partnern in London und Paris auch über die Entwicklung einer europäischen nuklearen Abschreckung sprechen zu wollen.