Massive Kursverluste: Ein paar beruhigende Worte für Anleger

Die Sorge vor Donald Trump rüttelt die Welt durch - jetzt schickt der US-Präsident die Börsen weltweit auf eine rasante Talfahrt. Was einigermaßen beunruhigend ist. Zumal sich noch kein Ende der Rutschpartie abzeichnet. Was hilft? Unter anderem ein Blick in die Vergangenheit.

Jahrelang kannten die Börsen mehr oder weniger nur eine Richtung: bergauf. Bis vor wenigen Wochen schien die perfekte Geldanlage einfach und preisgünstig zu haben zu sein, in Form von Aktien-ETFs. Bis es nun richtig knallte und vielleicht auch weiter knallen wird.

Im Lauf des letzten Monats erfasste der Kurs­rutsch sämtliche Märkte rund um die Welt - und es geht genauso weiter. Nur der Abwärtstrend hat an Dynamik zugelegt. Erst vor wenigen Wochen markierte der Dax bei 23.419 Punkten ein neues Allzeit­hoch. Mittlerweile steht er bei nur noch gut 19.000 Punkten. Ins Jahr gestartet war das wichtigste deutsche Börsenbarometer mit 20.000.

Der US-Markt gibt bereits seit Mitte Februar deutlich nach. Besonders schlimm hat es die IT-Branche erwischt - die Kurse der großen Techkonzerne haben allein seit Mitte Februar um rund 25 Prozent nachgegeben. Und auch der bei Kleinanlegern so beliebte MSCI-World-Index musste seit Jahresanfang ordentlich Federn lassen. Hier ging es seitdem um rund 15 Prozent runter. Ungewiss, wann das Ende der Fahnenstange erreicht sein wird.

Gier und Panik, Ebbe und Flut

Denn in Panik geratene Anleger trennen sich zuhauf von ihren Aktien. Die Idee dahinter: Wenn alle verkaufen, darf ich nicht fehlen. Nennt sich Herdentrieb und führt zu einer Verkaufspanik. Viele von ihnen handeln nun nach dem Prinzip: Wer schon die Übersicht verloren hat, sollte wenigstens Entscheidungen treffen. Womit sie dann mutmaßlich falsch liegen dürften. Denn nach der Ebbe kommt die Flut, nach der Panik die Gier. Und damit ist dann auch ein wesentlicher Wirkungsmechanismus der Börse erklärt. So einfach? Na ja, fast.

Immerhin warnt mehr oder weniger die gesamte Fachwelt davor, dass es wegen der von US-Präsident Trump verhängten Zölle zu gewaltigen Verwerfungen des Welthandels kommen kann. Was nicht ausgeschlossen ist. Ungeachtet dessen verläuft die wirtschaftliche Entwicklung in Zyklen. Ebbe und Flut eben.

Zeit also für ein paar beruhigende Worte. Bleiben wir beim MSCI World. Der liegt auf Drei-Jahres-Sicht immer noch mit rund 12 Prozent im Plus. Und auf fünf Jahre bei fast 100 Prozent. Selbstverständlich kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass sich die satten Kursgewinne der Vergangenheit weiter in Luft auflösen und mutmaßlich auch wieder erholen werden. Zumindest bei jenen, die ihr Geld langfristig anlegen.

Ein mutmachender Blick zurück

Hier hilft als Prognose ein Blick zurück in die Vergangenheit. Die Stiftung Warentest hat sich die Mühe gemacht, einen 30-jährigen Beobachtungszeitraum von Februar 1994 bis Februar 2024 genauer anzuschauen. Und da gab es ein paar saftige Crashs. Um fast 60 Prozent ging es mitunter für den MSCI World runter. Die längste Verlustphase dauerte 13,4 Jahre. Okay, das klingt beängstigend.

Aber: Diese Horrorwerte setzen voraus, dass Anleger tatsächlich zum höchsten damaligen Kurs gekauft und auch alles Geld in Aktien gesteckt hatten. Was für mindestens 99,99 Prozent der Anleger wohl ausgeschlossen werden kann. Die meisten von ihnen dürften eben schon vorher zu noch günstigeren Kursen im Markt investiert gewesen sein und vor allem auch über andere Geldanlagen verfügt haben. Seien es Anleihen, Gold, Rohstoffe, Tages- oder Festgeld oder, wenn es denn sein muss, auch Geld in diversen Lebensversicherungen. Nicht zu vergessen vielleicht auch die eigene Immobilie. Grundsätzlich gilt für die Geldanlage: Das Vermögen sollte breit gestreut und langfristig über und innerhalb verschiedener Vermögensklassen angelegt werden. Was keinesfalls als Ätsch-das-haben wir-Ihnen-schon-immer-erklärt verstanden werden soll. Aber eben als Hinweis für die Zukunft. Umso wichtiger ist es, an der je nach Risikoneigung getroffenen Strategie der Aufteilung der Vermögenswerte festzuhalten. Denn nach der Krise ist auch immer vor der Krise - siehe oben.

Schaut man nun genauer hin, zeigt sich, dass, wenn man sein Aktienportfolio in dem genannten 30-Jahres-Zeitraum nur um 25 Prozent mit Euro-Staats- und Unternehmensanleihen ergänzt hat, sich die längste Verlustphase schon mal auf 6,7 Prozent verkürzen ließ. Der maximale Verlust lag hier in dem genannten 30-Jahre-Zeitraum bei 39 Prozent. Wer fifty-fifty angelegt hat, musste nur noch maximale Verluste von 24 Prozent verschmerzen (längste Verlustphase 5 Jahre). Wer hingegen ein defensives Risikoprofil mit nur noch 25 Prozent Aktien gewählt hat, musste nur noch maximal 16 Prozent Einbußen beklagen. Die längste Verlustphase betrug nur noch 2,4 Jahre.

Schmerzensgeld lockt

Dem gegenüber stand eine durchschnittliche Rendite von 7,6 Prozent pro Jahr bei der reinen Aktienanlage, bei 7,4 Prozent bei der 75-Prozent-Aktien-Mischung, bei 6,3 Prozent für die Fifty-fifty-Mischung und bei 5,2 Prozent Schmerzensgeld für die 25-Prozent-Aktienmischung.

Noch mehr Halt für verschreckte und durchgerüttelte Anleger gibt eine Auswertung von Vermögensverwalter, Autor und ETF-Experten Gerd Kommer. Der hat sich nämlich mal die Mutter aller Crashs von 1929 genauer angeschaut. Und er kann die meist kolportierten Zahlen eines maximalen Verlustes von fast 90 Prozent und einer benötigten Erholungsphase von 25 Jahren um einiges relativieren. Denn werden auch die unberücksichtigten Dividenden mit eingerechnet, reduziert sich der Verlust schon mal um 10 Prozent. Wird dann auch nicht nur der US-Aktienmarkt betrachtet, sondern der globale Aktienmarkt, zeigt sich, dass der maximale Verlust bei nur noch 54 Prozent lag. Den Vor-Crash-Stand hatte dieser bereits Ende 1935 wieder erreicht. Wenn das keine guten Nachrichten sind. Also am besten ausdrucken oder in der App öffnen und das Blatt Papier oder Smartphone unter das Kopfkissen legen.

Denn diese Berechnungen zeigen, dass, wer sein Geld nicht kurzfristig braucht, wohl auch den aktuellen Kursrutsch aussitzen kann. Jenen, die meinen, jetzt aus dem Markt auszusteigen, um bei deutlich gesunkenen Kursen wieder einzusteigen, sei gesagt, dass es nur die allerwenigsten schaffen, den günstigsten Aus- beziehungsweise Einstiegszeitpunkt am Markt zu erwischen. Oder um es mit der SPD-Legende Herbert Wehner zu sagen: "Wer rausgeht, muss auch wieder reinkommen."

Warentest rät Anlegern zu nachfolgenden grundsätzlichen Verhaltensregeln für turbulente Börsenphasen:

  • Kurs­rutsch: Wenn die Kurse fallen, sollten Sie ruhig bleiben und nicht panisch in fallende Kurse hinein verkaufen. Eine Aktienanlage ist ein lang­fristiges Investment. Verkaufen Sie nur im wirk­lichen Notfall.
  • Über­prüfen Sie Ihre Risiko-Einschät­zung: Viele Anleger, die in den vergangenen Jahren erst­mals in ETF oder Fonds investiert haben, haben noch keine anhaltend schlechte Börsen­phase erlebt. Wenn Sie angesichts des starken Wertverfalls in Ihrem Depot zu dem Schluss kommen, dass Sie mit einem Aktienanteil von 50 oder 75 Prozent auf Dauer nicht ruhig schlafen können, sollten Sie den Anteil verringern. Für ein vorsichtig aufgestelltes Depot empfiehlt die Stiftung Warentest einen Aktien­anteil von 25 Prozent.
    Wichtig: Bedenken Sie, dass der Aktien­anteil durch die Kurs­rück­gänge ohnehin gesunken ist. Verkaufen Sie nur so viele ETF- oder Fonds­anteile wie unbe­dingt nötig.
  • ETF-Sparpläne: Lassen Sie Ihre Sparpläne mit der ursprüng­lichen Anlagesumme weiterlaufen. Für das gleiche Geld bekommen Sie derzeit mehr ETF-Anteile. Damit sind Sie in einer guten Position, um später von einer Erholung der Börsen zu profitieren.
  • Depot­aufbau: Wollen Sie an Ihrer Depot­mischung fest­halten, zum Beispiel eine Fifty-fifty-Mischung von Aktien und sicheren Anlagen, achten Sie darauf, dass sich die Aufteilung nicht verschiebt. Wird der Anteil der sicheren Anlagen zu groß, nutzen Sie die Gelegenheit, um günstig Aktien beziehungs­weise Aktienfonds nach­zukaufen. Wird der Aktien­anteil umge­kehrt irgend­wann zu groß, sollten Sie in sichere Anlagen umschichten.
  • Kurs­rallye: Wenn es mit den Kursen irgend­wann wieder nach oben geht, bewahren Sie auch dann die Ruhe. Stocken Sie keinesfalls in euphorischer Stimmung Ihren Aktien­anteil immer weiter auf, sondern halten Sie an Ihrer ursprüng­lich gewählten Depot­mischung fest.

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