Vorsicht vor neuer Betrugsmasche: Festgeld - zu schön, um wahr zu sein

Viele Anlagebetrüger erkennt man daran, dass sie überhöhte, unrealistische Renditen anbieten. Doch es geht auch anders: Beim Festgeld-Betrug werben die Diebe mit vergleichsweise moderaten Zinsen um konservative Anleger. Das Geld kann trotzdem weg sein. So können Sie sich wehren und schützen.

4,65 Prozent Zins für Tagesgeld bei der ING (früher: ING Diba) - das ist ein Angebot, das verlockend klingt, ohne gleich utopisch zu wirken. Dass es trotzdem unrealistisch ist, beweist ein Blick auf die Website der ING. 3 Prozent Zinsen bieten die Holländer derzeit Neukunden für einen überschaubaren Zeitraum und gehören damit schon zu den besten Anbietern am Markt.

Das Angebot über 4,65 Prozent Zinsen kommt auch nicht direkt von der ING, sondern von einem Anbieter namens Reichberg AG mit angeblichem Sitz in Berlin und Zürich. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (Bafin) warnt, dass Reichberg ohne die nötige Erlaubnis Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen anbietet.

Zwielichtige Vermittler von Festgeldanlagen

Eine ganze Reihe von Vermittlern versucht es derzeit mit einer noch recht neuen Masche, dem sogenannten Festgeld-Betrug oder Zinsbetrug. Anbieter werben meist im Internet und nicht selten mit Anzeigen auf Webseiten von seriösen Zinsvergleichsportalen. Sie versprechen Zinsen über dem aktuellen Marktniveau für eine Geldanlage bei einer renommierten Bank. Neben der ING oder anderen Direktbanken wird beispielsweise auch die Citibank genannt. Die Stiftung Warentest warnt dabei vor Anbietern wie tageszins24.de, aif-investment.com oder testsieger.festzins-kapitalanlagen.de.

Wer am Angebot eines solchen Vermittlers Interesse zeigt, der erhält in unserem genannten Beispiel zunächst Post von der Reichberg AG. Darin soll er den Vermittler beauftragen, im Namen des Kunden ein Konto bei der ING zu eröffnen. Tut er dies, so erhält er wenig später ein Schreiben, in dem ihm seine vermeintliche neue Kontoverbindung bei der ING genannt wird. An dieses Konto soll das Opfer die gewünschte Anlagesumme schicken.

Banken müssen Namen des Empfängers nicht prüfen

Überweist er das Geld, so begibt er sich in höchste Gefahr. Denn tatsächlich lautet das neue Konto oft gar nicht auf den Namen des Anlegers, sondern ist von den Betrügern beispielsweise mit einer Scheinidentität so eröffnet worden, dass sie Zugriff darauf haben. Daran ändert auch nichts, dass das Opfer seinen eigenen Namen als Empfänger angibt. Denn bei Überweisungen ist in der Regel nur die IBAN relevant. Banken sind bisher nicht verpflichtet, zu überprüfen, ob auch der Name des Empfängers richtig angegeben ist.

In der Regel erhält das Opfer nun noch eine ganze Weile gefälschte Statusberichte, in denen ihm die stattliche Verzinsung seines Geldes vorgegaukelt wird. Versucht er jedoch, das Geld wieder abzuheben, platzt der Schwindel.

Schnell reagieren

Doch selbst dann ist nicht aller Tage Abend. Unseren Anwälten ist es in mehreren Fällen gelungen, das eingezahlte Geld ganz oder zumindest teilweise wieder zurückzuholen. Wichtig ist dabei, dass Anleger, die einem Festgeld-Betrug aufgesessen sind, schnell und professionell aktiv werden. Das bedeutet, über einen spezialisierten Anwalt vorzugehen. Dieser wird in der Regel einerseits das Geld zurückfordern und andererseits Strafanzeige erstatten.

Meist versuchen die Täter, das Geld von der eingerichteten Bankverbindung entweder auf eigene Konten - meist im Ausland - zu überweisen oder das Geld schrittweise über Geldautomaten abzuheben. Zumindest diese zweite Vorgehensweise dauert in der Regel einen gewissen Zeitraum. Deswegen gilt es, keine Zeit zu verlieren.

So gehen Sie vor

Um Festgeld-Betrug zu vermeiden, sollten Sparer ein Konto am besten direkt bei einer bekannten Bank eröffnen. Wählt man den Weg über einen Vermittler, so sollte man dessen Seriosität genau überprüfen. Stutzig sollten Sparer werden, wenn keine Legitimationsprüfung durch die Bank stattfindet, sondern beispielsweise nur eine Ausweiskopie verlangt wird. Auch kann es nicht schaden, nach der Eröffnung des Kontos direkt bei der Bank nachzufragen, auf welchen Namen ein neu eingerichtetes Konto lautet und ob Untervollmachten dafür eingerichtet worden sind.

Wer den Verdacht hat, auf einen Festgeld-Betrug hereingefallen zu sein, sollte seinen Fall umgehend von einem Fachmann überprüfen lassen. Dies ist beispielsweise - kostenlos und unverbindlich - bei der Interessengemeinschaft Widerruf möglich. Für ein späteres anwaltliches Vorgehen übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung die Kosten. Besteht keine Rechtsschutzversicherung, so ist die Kostenübernahme durch einen Prozessfinanzierer gegen ein Erfolgshonorar möglich.

Über den Autor: Roland Klaus ist Gründer der Interessengemeinschaft Widerruf. Sie hilft bei der Durchsetzung von Verbraucherrecht in Finanzfragen und wird dabei von spezialisierten Anwälten unterstützt.

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